Im aktuellen SPIEGEL (12/2015)
wird beschrieben, dass SPD-Chef Sigmar Gabriel sich wenig Chancen auf einen Wahlsieg seiner Partei bei der nächsten Bundestagswahl 2017 ausrechnet. Bundeskanzler
Angela Merkel sei einfach zu stark und omnipräsent, obwohl die SPD alle
wichtigen Wahlversprechen abgearbeitet hat. Der angebliche Grund für diese
Prognose liegt in den aktuellen Umfragewerten, obwohl das nur ein Stimmungsbild
und kein wirklicher Grund ist. Die SPD verharrt bei rund 25 Prozent, ohne dass
die Rente ab 63, die Frauenquote, der Mindestlohn oder sonst etwas für die deutsche
Sozialdemokratie verbucht wird. Als faule Ausrede wird aber auch angeführt, dass
Merkel auf internationaler Bühne allzu oft punkten kann. Außerdem wird für die
restliche Zeit bis zur kommenden Bundestagswahl auch nicht mit einer Milderung
der Weltlage gerechnet. Das ist wenig vorteilhaft für die SPD, obgleich
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier äußerst überzeugende Umfragewerte
genießt.
Doch der Grund für das Dilemma
der SPD liegt nicht in der Umsetzung der alten Wahlversprechen begründet.
Niemand in der Politik wird dafür honoriert, dass er etwas geleistet hat. Man
gewinnt Wahlen mit den größtmöglichen Versprechen. Doch damit hat die SPD ein
Problem. Was kann und soll sie versprechen. Von links, rechts und grün ist sie
eingehegt. Macht sie größere Sozialversprechen als die Linke, tritt sie grüner
auf als die Grünen, oder bewegt sie sich keinen Meter wie die beiden
Unionsparteien und hofft auf die vermeintlich politische Mitte? Damit
diskreditierte sich die SPD selbst und würde abermals abgestraft.
Doch die SPD muss auch nicht zu
einer inhaltsleeren Partei verkommen. Ganz im Gegenteil. Die deutsche
Sozialdemokratie erzeugte Attraktivität, wenn sie stärker Hoffungsträger
aufbaute. Doch leider haben Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz und
NRW-Ministerpräsident Hannelore Kraft (beide SPD) immer auf Fragen nach einer möglichen
Kanzlerkandidatur abgewiegelt. Sicherlich die Fragen der Journalisten und
Reporter waren verfrüht. Es ist idiotisch, Olaf Scholz am Tag seines Sieges, am
15. Februar 2015, nach seinem Streben nach dem Kanzleramt zu fragen. Was soll
er da auch antworten? „Eh, nööö!“, vielleicht? Sinnvoller sind solche Fragen,
wenn die Zeit zur nächsten Bundestagswahl näher rückt.
Ebenfalls unangebracht sind die
Fragen nach der Kanzlerambitionen bei dem mecklenburgisch-vorpommerschen
Ministerpräsidenten Erwin Sellering (SPD). Dafür ist sein Land einfach zu
klein, auch wenn sich verhältnismäßig viele politische Würdenträger aus dem
Land auf Bundesebene tummeln.
Jedoch sollte die Diskussion bei
Hannelore Kraft und Olaf Scholz nicht stehen bleiben. Wie schnell eine
SPD-Troika zerbrechen kann, sah man, als Steinmeier sein Streben nach dem
Kanzleramt (zumindest vorerst) aufgab und damit automatisch Peer Steinbrück an die Oberfläche gespült wurde. Gabriel hatte 2012 gegen den überparteilich
anerkannten Steinbrück keine wirkliche Chance. Und heute sicherlich auch nicht.
Doch wen gibt es in der SPD, der
die Runde als „kanzlerable“ Persönlichkeit bereichern könnte? Thorsten
Schäfer-Gümbel? Zu blass! Manuela Schwesig? Weibliche Quoten-Ostdeutsche! Aydan
Özugus? Zu unbekannt und keine Machtbasis! Ralf Stegner? Guter Mann, jedoch
fehlt ihm das Regierungsamt zum Schwergewicht! Yasmin Fahimi? Keine Machtbasis!
Damit schaut es an der Parteispitze schlecht aus.
Doch es gibt auf anderen Ebenen
auch gute Kandidaten. Thomas Oppermann? Zu wenig links. Frank-Walter
Steinmeier? Möglich, jedoch hat er sich mit seiner Absage selbst ins Aus
befördert. Andrea Nahles? Je höher Nahles steigt, desto blasser, gar
unsichtbarer wird sie. Karl Lauterbach? Der kann nichts außer Medizin, und die
macht er schlecht, wenn er sich alkoholfrei, fleischlos, glutenfrei und salzlos
ernährt.
Und auf Landesebene? Stephan Weil
aus Niedersachsen? Vollkommen uncharismatisch! Jens Böhrnsen aus Bremen?
Absolut unbekannt? Michael Müller aus Berlin? Ohne nennenswerte Leistungen
bislang! Torsten Albig aus Schleswig-Holstein? Wäre nur Steegner
Ministerpräsident geworden! Dietmar Woidke aus Brandenburg? Auch so ein
Provinzler! Malu Dreyer aus Rheinland-Pfalz? Gute Wahl, wenn sie nicht leider
physisch eingeschränkt wäre. So weit ist die Gesellschaft eben noch nicht,
obwohl es mit Wolfgang Schäuble (CDU) einen Rollstuhlfahrer als Minister im aktuellen
Bundeskabinett gibt.
Dieser personelle Missstand
innerhalb der SPD verdeutlicht das Dilemma der Partei. Bis auf Kraft und
Scholz, vielleicht auch noch Steegner und Steinmeier, gibt es nicht wirklich
Personal, das eine Alternative zu Gabriel bilden könnte.
In diesem Sachverhalt geht es
jedoch nicht um Personen, auch wenn es so anklingt. Doch die Positionen dieser
einzelnen SPD-Politiker unterscheiden sich vergleichsweise stark. Während
Gabriel, als Siggi Pop auf die Bundesebene hochgeschwappt, allzu beliebig ist,
steht Scholz für einen wirtschaftsfreundlich-bürgerlichen Kurs in der SPD. Das
ist sicherlich im reichen Hamburg der richtige Weg, doch für den Bund keine
Lösung. Als Pragmatiker verschrien, ist auch Steinmeier keine Lösung, sondern
nur ein passabler Außenminister. Dagegen stehen Steegner und Kraft als linke
Kräfte innerhalb der SPD. Sie könnten die treibenden Kräfte zum Sieg bei der
nächsten Bundestagswahl sein. Doch dazu müsste sich Kraft den Willen zur Kanzlerschaft
abringen. Und Steegner müsste Albig vom Thron stoßen. Dass das beides passieren
wird, ist nahezu ausgeschlossen. Somit wird die SPD nicht nur 2017 keine ernsthafte
Rolle auf Bundesebene spielen, sondern auch 2021 und 2025 nicht.
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