Dienstag, 8. September 2015

ver.di’s Vorwärtsverteidigung



Gewerkschaften haben zweifellos eine gesellschaftliche Bedeutung. ver.di selbst weiß das nur zu gut. Und so kämpft sie um ihre politische Bedeutung, indem sie ständig um neue Mitglieder wirbt. Schließlich weist ver.di seit Jahren einen eklatanten Mitgliederschwund auf. Diesem soll mit einer Art Vorwärtsverteidigung begegnet werden. Und so sollen durch Mitgliederwerbung mehr Mitglieder eintreten, als das bisherige Mitglieder austreten.

Doch das ist ein Drehtüreneffekt, solange nicht die innere Linie berücksichtigt wird. Schließlich wird das Hauptaugenmerk auf mögliche Neumitglieder gerichtet. Zwar erfahren die bisherigen Mitglieder ihre zugesicherten Versprechen wie Rechtsschutz und Streikgeld, doch oftmals ist nicht mehr drin. Denn es mangelt oftmals an entschlossenem Handeln vieler Mitglieder, an Arbeiterfolklore und -kultur sowie sonstigen Plänen. Stattdessen ist alles auf die Mitgliedergewinnung ausgerichtet. Sei es die jeweilige ver.di-Homepage, seien es die Themenwochen, oder sei es die Aktion „Stark mit Dir“.

Bei letzterer Aktion sollten ver.di-Mitglieder zwischen 01. April und 31. August 2015 so viele Neumitglieder wie möglich gewinnen, doch mindestens drei. Dafür winkten neben den üblichen Prämien von 15,00 € je geworbenen Neumitglied Prämien wie Reise-, Bücher- und Kinogutscheine. Das hat einen faden Beigeschmack. Denn scheinbar kommt es ver.di nicht mehr ernsthaft auf Mitglieder an, wenn ihre Altmitglieder wie Drückerkolonnen mit Absichten eines möglichen persönlichen Gewinns Mitglieder werben. Scheinbar verfehlte die Aktion ihre Wirkung nicht.

Auf Nachfragen wurden im Aktionszeitraum angeblich 32 000 Mitglieder geworben. Doch diese konnten nicht zweifelsfrei der Aktion „Stark mit Dir“ zugeordnet werden. Schließlich mobilisierten der langwierige Poststreik und der noch andauernde Tarifkonflikt beim kommunalen Erziehungspersonal allein zahlreiche Neumitglieder. Schließlich wird selbst frischesten Neumitgliedern Streikgeld gezahlt, wenn sie mindestens ein Jahr nach Bezug der Gelder Mitglied bleiben.

Dass allerdings viele der 32 000 Neumitglieder bei ver.di verweilen werden, ist aufgrund des schlechten Tarifabschlusses bei der Post und der Aussichtlosigkeit beim Kita-Tarifkonflikt beinah ausgeschlossen. Insofern unterliegt die Aktion „Stark mit Dir“ einem Nullsummenspiel.

Außerdem ändern 32 000 Mitglieder mehr oder weniger auch nichts an der geringen Mitgliederzahl von ver.di. Entgegen allgemeinen Behauptungen weist ver.di mittlerweile weitaus weniger als die angeblichen zwei Millionen Mitglieder auf. Das belegen die Auflagenzahlen der kostenlosen Mitgliederzeitung „ver.di Publik“. Diese liegt bei rund 1,9 Millionen. Wenn man bedenkt, dass man diese Zeitung nicht abbestellen kann und sie massig in jeder ver.di-Geschäftsstelle ausliegt, kommt man auf weitaus geringere Mitgliederzahlen.

Folglich war die Aktion „Stark mit Dir“ ein Schlag ins Wasser, bei dem ver.di allerhand Gelder verpulvert wurde. Ferner verkennt ver.di, dass die besten Werbeträger zufriedene Mitglieder sind. Zufriedenheit schafft man durch andauernde politische sowie kulturelle Inhalte, mit denen Mitglieder an sich bindet.

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