Am heutigen Sonntag, dem 12.
April 2015, lief auf der ARD wie normalerweise sonst auch immer der „Bericht aus Berlin“. Moderiert wurde diese Ausgabe von Ulrich Deppendorf. Der war
wieder einmal auf Hochtouren, wie zu besten Zeiten vor seinem Schlaganfall.
Pannen, Patzer, Versprecher, Gedankenfehler und andere Peinlichkeiten – ohne scheint
Deppendorf nicht auszukommen. Gott sei Dank ist bald Ablöse, dann soll Tina Hassel, ebenfalls vom WDR, übernehmen. Dann kann sich Deppendorf wieder dem
Rotwein mit seinen beiden Förderern Fritz Pleitgen und Friedrich Nowottny widmen.
Es gibt also eine Fortsetzung der berühmt-berüchtigten Rotweinrunde.
Heute hatte Deppendorf zumindest einen
interessanten Gedankengang, als er meinte, dass die vermeintlich starre CDU
unter ihrer Vorsitzenden Angela Merkel sich politisch geöffnet habe und damit
moderater wurde. Leider gingen damit der CDU Wählerstimmen am rechten Rand
verloren. Laut Deppendorf bewegte sich die CDU unter Merkel so sehr in die
vermeintlich politische Mitte, wie noch nie in ihrer Geschichte. Profiteur durch
diese politische Verschiebung im bürgerlich-konservativen Lager sei nach
Deppendorfs Äußerung die angebliche „Alternative für Deutschland“.
Das ist ein interessanter Punkt
und beinhaltet viel Wahrheit und noch mehr Unsinn. Mit dem Atomausstieg und der
Aussetzung der Wehrpflicht (beides 2011) ging der vermeintliche Markenkern der
Union verloren. Das stimmt sicherlich, schließlich stand keine andere deutsche
Partei so sehr für Atomkraft und Wehrpflicht wie CDU und CSU. Doch dass diese
Punkte den Aufstieg der AfD befeuerten, ist stark anzuzweifeln. Schließlich finden sich keine dieser Punkte im vorläufigen, aber noch zu erstellenden Programm der AfD.
Außerdem verkennt Deppendorf
auch, dass selbst Konservativismus einem Zeitgeist unterliegt. Schließlich leben
wir in einer kapitalistischen Gesellschaft, in der alles seiner Prüfung auf
Kosten und Nutzen hin untersucht wird. Dem kann sich nicht einmal eine
bürgerlich-konservative Partei entziehen, wenn sie wählbar bleiben möchte. Das
ist auch vollkommen in Ordnung und der natürliche Lauf der Dinge.
Ferner wurde bereits in den
1970ern die Liberalisierung der CDU von bürgerlich-konservativen Kräften
bemängelt. Ein gutes Beispiel hierfür ist Alfred Tetzlaff, besser bekannt als „Ekel-Alfred“
aus „Ein Herz und eine Seele“. Dort zog der erzkonservative Alfred regelmäßig
über den damaligen Oppositionsführer Rainer Barzel (CDU) her und beschimpfte
ihn als „weich“, „falschen Mann“ und „Gehilfen der Sozis“. Mit diesen
Äußerungen entsprach Alfred der Überzeugung von vielen erzkonservativen
Unionsanhängern. Trotzdem bildete sich keine Partei rechts der Union oder zog
in die deutschen Parlamente ein.
Vielmehr zeugen die Entstehung
und der Erfolg der AfD von weitgehender Unzufriedenheit im
bürgerlich-konservativen Lager. Vielleicht vollzieht sich in der
bundesrepublikanischen Parteienlandschaft etwas, was in Italien bereits vor
geraumer Zeit passierte. In den 1990er Jahren verschwanden die damaligen
Parteien Italiens über Nacht. Einerseits lag das in den Korruptionsaffären bei
den italienischen Christdemokraten, Kommunisten und Sozialisten, aber
andererseits auch im historischen Zeitgeist begründet. Im Jahr 1991 ging
nämlich die Sowjetunion unter. Damit ging auf der einen Seite der größte
Geldgeber für die italienischen Kommunisten und auf der anderen Seite die große
Idee vom Kommunismus verloren. Scheinbar ging aber auch die
Erneuerungsfähigkeit und die Glaubwürdigkeit damaliger italienischer Politiker
und Parteien verloren. Und so wuchsen neue Parteien und Politiker in Italien
heran. Unrühmliches Beispiel hierfür ist Silvio Berlusconi.
Nun ist Bernd Lucke nicht unbedingt
vergleichbar mit Silvio Berlusconi, dafür aber seine AfD mit Berlusconis „Forza
Italia“. Berlusconi beschreibt seine Partei ähnlich wie Lucke als „christdemokratisch, konservativ, wirtschaftsliberal“. Und somit könnte die AfD eines Tages die CDU
und CSU als neue, frischere und vermeintlich ehrlichere Partei ablösen. So
etwas nennt man wohl konservative Erneuerung. Welch ein Paradoxon! Aber dieses
Phänomen scheint aus Sicht des bürgerlich-konservativen Wahlvolks ganz
plausibel, weil CDU, CSU und SPD scheinbar seit Anbeginn der Zeitrechnung alles
Mögliche versprochen haben und sich das Individuum trotzdem nicht gut aufgehoben
fühlt. Doch dabei verkennen die Wähler den Sinn und die Bedeutung von
Demokratie. Demokratie beinhaltet niemals Maximalgewinne für eine Person oder
eine Gruppe, sondern Kompromisse.
Damit ist das einzige Versäumnis
der CDU und CSU, dass sie ein schlechter Demokratielehrer ist und damit den Weg
für AfD bereitete. Schließlich vermochten es die Unionsparteien nicht, ihre
Politik und Demokratie zu vermitteln. Das ist bedauerlich. Doch zumindest
bleibt zu hoffen, dass es der AfD irgendwann genauso ergeht wie der CDU und
CSU.
Doch dann steht in der Sendung „Bericht
aus Berlin“ sicherlich bereits der Nach-Nachfolger von Tina Hassel. Und dessen
Politikverständnis wird sicherlich genauso zeitlos mangelhaft wie das von Ulrich
Deppendorf sein.
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