Montag, 13. April 2015

Die Wandelbarkeit der CDU



Am heutigen Sonntag, dem 12. April 2015, lief auf der ARD wie normalerweise sonst auch immer der „Bericht aus Berlin“. Moderiert wurde diese Ausgabe von Ulrich Deppendorf. Der war wieder einmal auf Hochtouren, wie zu besten Zeiten vor seinem Schlaganfall. Pannen, Patzer, Versprecher, Gedankenfehler und andere Peinlichkeiten – ohne scheint Deppendorf nicht auszukommen. Gott sei Dank ist bald Ablöse, dann soll Tina Hassel, ebenfalls vom WDR, übernehmen. Dann kann sich Deppendorf wieder dem Rotwein mit seinen beiden Förderern Fritz Pleitgen und Friedrich Nowottny widmen. Es gibt also eine Fortsetzung der berühmt-berüchtigten Rotweinrunde.

Heute hatte Deppendorf zumindest einen interessanten Gedankengang, als er meinte, dass die vermeintlich starre CDU unter ihrer Vorsitzenden Angela Merkel sich politisch geöffnet habe und damit moderater wurde. Leider gingen damit der CDU Wählerstimmen am rechten Rand verloren. Laut Deppendorf bewegte sich die CDU unter Merkel so sehr in die vermeintlich politische Mitte, wie noch nie in ihrer Geschichte. Profiteur durch diese politische Verschiebung im bürgerlich-konservativen Lager sei nach Deppendorfs Äußerung die angebliche „Alternative für Deutschland“.

Das ist ein interessanter Punkt und beinhaltet viel Wahrheit und noch mehr Unsinn. Mit dem Atomausstieg und der Aussetzung der Wehrpflicht (beides 2011) ging der vermeintliche Markenkern der Union verloren. Das stimmt sicherlich, schließlich stand keine andere deutsche Partei so sehr für Atomkraft und Wehrpflicht wie CDU und CSU. Doch dass diese Punkte den Aufstieg der AfD befeuerten, ist stark anzuzweifeln. Schließlich finden sich keine dieser Punkte im vorläufigen, aber noch zu erstellenden Programm der AfD.

Außerdem verkennt Deppendorf auch, dass selbst Konservativismus einem Zeitgeist unterliegt. Schließlich leben wir in einer kapitalistischen Gesellschaft, in der alles seiner Prüfung auf Kosten und Nutzen hin untersucht wird. Dem kann sich nicht einmal eine bürgerlich-konservative Partei entziehen, wenn sie wählbar bleiben möchte. Das ist auch vollkommen in Ordnung und der natürliche Lauf der Dinge.

Ferner wurde bereits in den 1970ern die Liberalisierung der CDU von bürgerlich-konservativen Kräften bemängelt. Ein gutes Beispiel hierfür ist Alfred Tetzlaff, besser bekannt als „Ekel-Alfred“ aus „Ein Herz und eine Seele“. Dort zog der erzkonservative Alfred regelmäßig über den damaligen Oppositionsführer Rainer Barzel (CDU) her und beschimpfte ihn als „weich“, „falschen Mann“ und „Gehilfen der Sozis“. Mit diesen Äußerungen entsprach Alfred der Überzeugung von vielen erzkonservativen Unionsanhängern. Trotzdem bildete sich keine Partei rechts der Union oder zog in die deutschen Parlamente ein.

Vielmehr zeugen die Entstehung und der Erfolg der AfD von weitgehender Unzufriedenheit im bürgerlich-konservativen Lager. Vielleicht vollzieht sich in der bundesrepublikanischen Parteienlandschaft etwas, was in Italien bereits vor geraumer Zeit passierte. In den 1990er Jahren verschwanden die damaligen Parteien Italiens über Nacht. Einerseits lag das in den Korruptionsaffären bei den italienischen Christdemokraten, Kommunisten und Sozialisten, aber andererseits auch im historischen Zeitgeist begründet. Im Jahr 1991 ging nämlich die Sowjetunion unter. Damit ging auf der einen Seite der größte Geldgeber für die italienischen Kommunisten und auf der anderen Seite die große Idee vom Kommunismus verloren. Scheinbar ging aber auch die Erneuerungsfähigkeit und die Glaubwürdigkeit damaliger italienischer Politiker und Parteien verloren. Und so wuchsen neue Parteien und Politiker in Italien heran. Unrühmliches Beispiel hierfür ist Silvio Berlusconi.

Nun ist Bernd Lucke nicht unbedingt vergleichbar mit Silvio Berlusconi, dafür aber seine AfD mit Berlusconis „Forza Italia“. Berlusconi beschreibt seine Partei ähnlich wie Lucke als „christdemokratisch, konservativ, wirtschaftsliberal“. Und somit könnte die AfD eines Tages die CDU und CSU als neue, frischere und vermeintlich ehrlichere Partei ablösen. So etwas nennt man wohl konservative Erneuerung. Welch ein Paradoxon! Aber dieses Phänomen scheint aus Sicht des bürgerlich-konservativen Wahlvolks ganz plausibel, weil CDU, CSU und SPD scheinbar seit Anbeginn der Zeitrechnung alles Mögliche versprochen haben und sich das Individuum trotzdem nicht gut aufgehoben fühlt. Doch dabei verkennen die Wähler den Sinn und die Bedeutung von Demokratie. Demokratie beinhaltet niemals Maximalgewinne für eine Person oder eine Gruppe, sondern Kompromisse.

Damit ist das einzige Versäumnis der CDU und CSU, dass sie ein schlechter Demokratielehrer ist und damit den Weg für AfD bereitete. Schließlich vermochten es die Unionsparteien nicht, ihre Politik und Demokratie zu vermitteln. Das ist bedauerlich. Doch zumindest bleibt zu hoffen, dass es der AfD irgendwann genauso ergeht wie der CDU und CSU.

Doch dann steht in der Sendung „Bericht aus Berlin“ sicherlich bereits der Nach-Nachfolger von Tina Hassel. Und dessen Politikverständnis wird sicherlich genauso zeitlos mangelhaft wie das von Ulrich Deppendorf sein.

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