Sonntag, 22. Februar 2015

Der populärwissenschaftliche König der Geschichtswissenschaft



Jeder halbwegs belesene Mensch kennt den Historiker Heinrich August Winkler. Er war der Lehrstuhlinhaber für Neueste Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin und ist unerschöpflicher Verfasser von zahlreichen Abhandlungen über historische Sachen. Außerdem tingelt er regelmäßig durch die Medien. Beim SPIEGEL ist er allzu oft anzutreffen.

Doch eigentlich ist Winkler vielmehr der, der aus beinah unendlich vier macht. So verfasste er vier Bände über die Geschichte des Westens. Toll, früher gab es viele, viele Bücher und andere Abhandlungen über jedwede Kleinigkeit in der Entstehung und Entwicklung europäischer und nordamerikanischer Staaten. Heute bedarf es nur noch eines kurzen Blicks in den Winkler Band 1 bis 4. Besser kann es Wikipedia auch nicht machen.

Jedenfalls gab Winkler im SPIEGEL (01/2015) ein Interview. Es trägt den Titel „Ein neuer Sonderweg“. Darin reimt sich Winkler eine Erklärung zur Entstehung von Demokratie und Menschrechten zusammen. Scheinbar glaubt er, dass diese gottgegeben seien, wenn er an die Vernunft des Menschen glaubt. Winkler selbst streitet auch nicht ab, ein Anhänger des idealistischen Philosophen Immanuel Kant zu sein. Doch Winkler meint, „der Gedanke, dass es eine dem Menschen angeborene Würde gibt, ist religiösen, nämlich jüdisch-christlichen Ursprungs.“ Im Folgesatz ergänzt er: „Wie übrigens auch der Gedanke der Gewaltenteilung, der zurückgeht auf das Wort von Jesus: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.“ 

Erst einmal wird Jesus von den Juden nicht als religiöse Figur anerkannt, trotzdem funktioniert die Demokratie in Israel, obwohl laut Tom Segev in „1967.Israels zweite Geburt“ regelmäßig ein Putsch der israelischen Armee befürchtet worden ist. Außerdem bläst Winkler mit seinem Zitat ins gleiche Horn wie Francis Fukuyama, der eine Demokratiefähigkeit der muslimischen Welt negierte. Gleichzeitig behauptet Winkler mit seiner Äußerung, dass Christen die Veranlagung zur Demokratie, Recht und Gewaltenteilung automatisch in die Wiege gelegt worden wäre. Doch wie rechtfertigt Winkler damit den schrecklich fatalen Irrweg der Deutschen mit Adolf Hitler?

Mit dieser Äußerung diskreditiert sich Winkler selbst. Rein historisch-materialistisch gesehen handelt der Mensch aus Einsicht zur Notwendigkeit, weil das Sein das Bewusstsein bestimmt. Dabei spielte die Bibel und das Evangelium keine bedeutende Rolle.

Es ist bedauerlich, dass die Wissenschaftler am meisten Gehör finden, die am lautesten schreien. Dies schadet sauberer wissenschaftlicher Arbeit. Somit schadet Winkler mit seinen Phantasiegespinsten der Geschichtswissenschaft.

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