Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) spricht in der aktuellen Flüchtlingsdebatte gern über den „massenhaften Asylmissbrauch“ und bedient damit die vermeintlich vorherrschenden
Ressentiments in der Bundesrepublik. Seine Äußerungen rechtfertigt er mit
aktuellen Umfrageergebnissen, die laut Seehofer den Unionsparteien auf
Bundesebene und der CSU auf Landesebene die absolute Mehrheit bringen würden.
Doch kein Meinungsforschungsinstitut belegt diese Aussage.
Problematisch ist aber Seehofers
Äußerung dennoch. Sicherlich lassen sich Betrügereien bei Asylanträgen nicht
gänzlich ausschließen. Man kennt es ja bei der eigenen Steuererklärung.
Scheinbar ist kein Mensch zur absoluten Ehrlichkeit geboren.
Allerdings sind pauschale
Vorverurteilungen in unserer Gesellschaft nicht angebracht. Es gilt für jeden
Menschen die Unschuldsvermutung. Erst eine Einzelfallprüfung durch eine Behörde
kann Straftaten oder Vergehen aufspüren und ein Gericht die betroffene Person
schuldig sprechen. Doch eine Verurteilung obliegt in diesem Fall nicht der
Politik. Und so tritt Seehofer diese Rechtsauffassung mit Füßen.
Gleichzeitig wirft er mit seinen
Äußerungen über den „massenhaften Asylmissbrauch“ den Mitarbeitern beim
Bundesamt für Migration und Flüchtlingen Versagen vor. Nach Seehofers
Auffassung leisten die BAMF-Mitarbeiter also schlechte Arbeit. Doch vielmehr
kommen die Mitarbeiter den Anforderungen nicht hinterher. Angeblich sind 250.000 Asylanträge unbearbeitet, so Seehofer. Doch falls dem so ist, kann man nicht
von Missbrauch des Asylrechts durch Asylsuchende sprechen. Vielmehr offenbart
dieser Missstand die Überlastung des BAMF. Bei 400.000 erwarteten Asylanträgen für das Jahr 2015 und 2.800 Mitarbeitern ist das nicht zu verdenken.
Außerdem sollte sich Seehofer
fragen, ob Segregation auf Grundlage ethnischer, religiöser, kultureller,
politischer oder sexueller Gesichtspunkte nicht zu sozialer Ausgrenzung führt. Damit
hätte eine Flucht aus wirtschaftlichen Beweggründen auch eine Rechtfertigung,
die ernsthaft zu überprüfen gilt.
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