Montag, 3. August 2015

Horst Seehofers defizitäres Rechtsverständnis



Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) spricht in der aktuellen Flüchtlingsdebatte gern über den „massenhaften Asylmissbrauch“ und bedient damit die vermeintlich vorherrschenden Ressentiments in der Bundesrepublik. Seine Äußerungen rechtfertigt er mit aktuellen Umfrageergebnissen, die laut Seehofer den Unionsparteien auf Bundesebene und der CSU auf Landesebene die absolute Mehrheit bringen würden. Doch kein Meinungsforschungsinstitut belegt diese Aussage.

Problematisch ist aber Seehofers Äußerung dennoch. Sicherlich lassen sich Betrügereien bei Asylanträgen nicht gänzlich ausschließen. Man kennt es ja bei der eigenen Steuererklärung. Scheinbar ist kein Mensch zur absoluten Ehrlichkeit geboren.

Allerdings sind pauschale Vorverurteilungen in unserer Gesellschaft nicht angebracht. Es gilt für jeden Menschen die Unschuldsvermutung. Erst eine Einzelfallprüfung durch eine Behörde kann Straftaten oder Vergehen aufspüren und ein Gericht die betroffene Person schuldig sprechen. Doch eine Verurteilung obliegt in diesem Fall nicht der Politik. Und so tritt Seehofer diese Rechtsauffassung mit Füßen.

Gleichzeitig wirft er mit seinen Äußerungen über den „massenhaften Asylmissbrauch“ den Mitarbeitern beim Bundesamt für Migration und Flüchtlingen Versagen vor. Nach Seehofers Auffassung leisten die BAMF-Mitarbeiter also schlechte Arbeit. Doch vielmehr kommen die Mitarbeiter den Anforderungen nicht hinterher. Angeblich sind 250.000 Asylanträge unbearbeitet, so Seehofer. Doch falls dem so ist, kann man nicht von Missbrauch des Asylrechts durch Asylsuchende sprechen. Vielmehr offenbart dieser Missstand die Überlastung des BAMF. Bei 400.000 erwarteten Asylanträgen für das Jahr 2015 und 2.800 Mitarbeitern ist das nicht zu verdenken.

Außerdem sollte sich Seehofer fragen, ob Segregation auf Grundlage ethnischer, religiöser, kultureller, politischer oder sexueller Gesichtspunkte nicht zu sozialer Ausgrenzung führt. Damit hätte eine Flucht aus wirtschaftlichen Beweggründen auch eine Rechtfertigung, die ernsthaft zu überprüfen gilt.

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