Wissen Sie, was Nudge ist?
Sicherlich nicht, einige wissen es auch erst seit kurzem. Zwar fiel der Begriff im SPIEGEL bereits Ende 2009. Doch erst jetzt erreichte uns das Nudging in
Deutschland, weil eine Arbeitsgruppe im Bundeskanzleramt sich dieser Theorie bedient. Nudge ist ein englisches Verb und bedeutet übersetzt anstupsen. Das
ist keine Aktionskunst, bei der Mitmenschen durch Anstupsen ein politisches
Signal gegeben werden soll.
Beim Nudging handelt es sich um
unbewusste, unbemerkte Einflussnahme der Regierung auf subtile Art und Weise,
um Staatsziele zu erreichen. Beispielsweise schreiben britische Behörden ihre
Steuersünder mit einem Brief an, dass die Mehrheit der Bevölkerung bereits ihre
Steuererklärung abgegeben hätte, und fügen eine Steuererklärung hinzu. Auf der
steht dann ganz oben, dass man sich zur ordentlichen und wahrheitsgemäßen
Angaben bereit erkläre. Das sorgt angeblich für mehr Steuerehrlichkeit.
Solche Formen des Nudging sind
toll. Da haben sich der US-amerikanische Juraprofessor Cass Sunstein und der
US-amerikanische Ökonomieprofessor Richard Thaler etwas Wunderbares ausgedacht.
Doch wie so oft birgt so etwas auch die Gefahr zum Betrug an der Bevölkerung,
wenn das Nudging von der Regierung eingesetzt wird. Dazu bedarf es keinen
Glauben an Verschwörungstheorien.
Und so ist es doch fraglich, ob
es unserem Land wirklich so gut geht, wie die Regierung Merkel und die
Koalitionsfraktionen es zeichnen. Haben wir tatsächlich beinah
Vollbeschäftigung? Nein, das belegte die ARD-Reportage „Der Arbeitsmarktreport – Das Märchen vom Fachkräftemangel“ sehr eindrucksvoll. Das Jobwunder wird nur
propagiert, um den Preis der Arbeitskräfte auf unfaire Weise zu drücken.
Die Bundesbank, traditionell eher
unionsnah, schürt die Angst vor einer Deflation, des Sinkens der Preise. Doch
gehen Sie in einen Supermarkt und machen die Wochenendeinkäufe. Sie werden
verwundert sein, wie viel sie trotz Deflationsgefahr und niedriger Inflationsrate
zahlen müssen. Der Preisverfall wird vom Einzelhändler eben nicht an den
Endkunden weitergereicht. Die Preise im Einzelhandel kennen nämlich nur eine Richtung, und die gehen aufwärts.
Die Regierung legt regelmäßig
Zahlen vor, wie toll unsere Wirtschaft ist. Als vergleichsweise
bevölkerungsstarkes Land erwirtschaftet die Bundesrepublik zweifellos vieles.
Doch rechnen wir das auf einen einzelnen Bürger runter, so stehen wir nicht mehr an der Spitze und sind gerade so unter den Top 20. Da ist es kaum
verwunderlich, dass der Vatikan schlechter abschneidet.
Und um unsere tolle Ausbildung lobzupreisen, veranstalten wir lieber Vergleiche zwischen den Bundesländern als
uns mit anderen Ländern zu messen. Und dass keine einzige deutsche Hochschule
Weltrangniveau hat, wird leicht abgetan und mit dem Argument der Dualen
Ausbildung entkräftet. Die Duale Ausbildung ist zweifellos sinnvoll, doch kann
es nicht für jedes Bildungsdilemma herhalten.
Das Nudging in Deutschland hat
eine andere Färbung als in anderen Ländern. Hier wird mit Scheinargumenten die
Vorbildlichkeit unserer Republik hochgehalten, um die Menschen zu besänftigen. Und
wir alle fallen darauf rein.
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