Seit Jahren kenne ich Theo.
Gemeinsam studierten wir Geschichte. Am Anfang seines Studiums erkrankte er an
Krebs. Doch sein Unglück setzt sich noch immer fort. Theo bat mich im Vorfeld
des Gesprächs, nicht seinen vollen Namen bekannt zu geben.
Henning: Wie geht es Dir heute?
Theo: Mir geht es körperlich ganz gut. Doch was heißt das schon?
Wenn man arbeitslos ist, ist die Gesundheit nebensächlich. Und jeder Tag ist
gleichbedeutend. Mir ging es also auch gestern gut, und morgen wird es mir auch
nicht schlechter gehen.
Henning: Du bist arbeitslos. Du bewirbst Dich also?
Theo: Ja, überall, wo passende Stellen auftauchen, bewerbe ich
mich. Deutschlandweit, in Österreich, der Schweiz, Belgien, Luxemburg und so
weiter. Seit meinem Abschluss im Jahr 2012 habe ich sicherlich an die 500
Bewerbungen geschrieben. Sicherlich habe ich am Anfang Fehler gemacht, weil ich
bei den Bewerbungen nicht konkret genug war. Doch diese Fehler mache ich nun nicht
mehr. Meine Bewerbungen sind immer mit besten Wissen und Gewissen verfasst
worden. Sie sind sogar ansprechend und unkonventionell. Ich schreibe keine
Bewerbung mit dem falschen und langweiligen Einstieg: „Sehr geehrte Damen und
Herren, hiermit möchte ich mich auf die Stelle bewerben.“ Da es ein allzu
bekannter Satz ist, scheint der Satz noch immer große Verwendung zu finden.
Doch willst Du ein paar meiner Bewerbungen sehen, damit Du weißt, wie toll sie
sind?
Henning: Ja, bitte.
Theo zeigte mir dann seine
Bewerbungen, von denen ich einige unten angefügt habe.
Henning: Erhältst Du Unterstützung?
Theo: Ja, ich beziehe Arbeitslosengeld II plus Geld für die Miete.
Außerdem kriege ich ideelle Unterstützung aus dem Freundeskreis und meiner
Familie. Doch leider… Jedenfalls ist von staatlicher Seite keine signifikante
Unterstützung zu spüren. Da werden einem irgendwelche Maßnahmen angeraten, die letztendlich
keine Früchte tragen. Hast Du die Reportage „Der Arbeitsmarktreport – Das Märchen vom Fachkräftemangel“ auf der ARD gesehen? Dann weißt Du, dass in einer Welt
mit vorgetäuschtem Arbeitskräftemangel nur Menschen eine Arbeit finden, die
Arbeitslosen in die Erwerbstätigkeit helfen wollen. Doch das ist eine
Verarschung der Hilfesuchenden.
Henning: Deine Verärgerung und Frustration ist verständlich. Wie
sieht Dein Alltag aus?
Theo: Ob ich nun früh aufstehe, ist vollkommen egal. Denn es macht
eh keinen Sinn, dabei hatte ich während meiner Schul-, Zivildienst- und
Uni-Zeit nie ein Problem damit, früh aufzustehen. Und eigentlich ist es sogar
ganz angenehm, spät aufzustehen. Dann ist wenigstens der halbe Tag bereits um.
Diese Zeit reicht dann noch immer, um dringende Gespräche zu führen.
Henning: Und wann machst Du denn dann Deine Einkäufe, wenn Du so
spät aufstehst?
Theo: Meistens nach dem Aufstehen. Dann ist es ja noch immer
vergleichsweise ruhig. Aber Einkaufen ist immer eine zu große Versuchung. Ich
habe doch auch Träume. Und beim Einkaufen verdeutlicht sich es mir, dass ich
mir nicht alles leisten kann. Zumal die Teuerungsrate trotz propagierter Gefahr
einer Deflation stetig steigt. Dabei wurde mir immer gesagt und vorgelebt, dass
das Leben so viel zu bieten hat.
Henning: Du meinst damit Deine Krebserkrankung?
Theo: Nicht direkt, aber danke der Nachfrage. Als ich die Diagnose Krebs
erhielt, wusste ich nicht, ob ich in Behandlung gehen soll oder nicht. Ich tat
es meinen Eltern zu Liebe. Sie sind echt tolle Menschen. Mein Vater meinte zu
mir: „Manchmal müsse man einen Abstieg in Kauf nehmen, um später höhere und
größere Ziele zu erreichen.“ Doch was habe ich erreicht? Gar nichts. Ich stehe
auf unbestimmte Zeit auf dem Abstellgleis. Und nichts deutet daraufhin, dass
sich irgendetwas daran ändern wird.
Henning: Wie geht es Dir damit?
Theo: Ich würde so gern die Welt bereisen. Es gibt trotz allem so
vieles, was ich noch nicht gesehen habe. Doch meine Reisen führen mich
lediglich in meine Heimat. Und dort bin ich dann zwar froh, der Angst vor der
Arbeitslosigkeit entflohen zu sein. Doch gleichzeitig habe noch immer Angst, weil
ich wieder zurückmuss. Also selbst bei „Urlaub“ erfahre ich keine Erholung.
Henning: Und wie willst Du Deiner Situation entrinnen?
Theo: Ich warte nun die offenstehenden Bewerbungen ab. Vielleicht
bemühe mich um einen Bildungsgutschein, der eigentlich notwendig ist. Doch das
Jobcenter sponsort lieber irrsinnige und nutzlose Maßnahmen, anstatt ein
einziges Mal richtig Geld in die Hand zu nehmen. Lieber alimentieren die mich
mein restliches Leben, als einmal 5000 € in mich zu investieren. Dabei mache
ich doch immer alles, was die sagen.
Henning: Was für Alternativen hast Du?
Theo: Vielleicht bemühe ich mich bei Brot für die Welt um eine Stelle
als Entwicklungshelfer und lasse mich an den Arsch der Welt verschicken. Wenn
unsere Gesellschaft so gut auf mich verzichten kann, dann hat Deutschland es
auch nicht verdient, dass ich länger Teil von ihm bin.
Henning: Hast Du keine Angst?
Theo: Wovor? Ich schlafe doch eh schon schlecht. Ich liege oftmals
Nächte lang wach. Und wenn ich dann schlafe, dann sind es allzu obskure Träume.
Darin bin ich natürlich der Hauptdarsteller. Manchmal als Widerstandskämpfer in
einem faschistoiden System, ‘mal Geisel bei einer Geiselnahme, ‘mal gibt es
Fliegeralarm, ‘mal eine militärische Bodeninvasion. Was soll mir also in dieser
Welt noch passieren?
Henning: Das klingt hart. Was für Konsequenzen haben Deine Träume?
Theo: Ich glaube, dass meine
Träume bereits Konsequenzen sind. Jedenfalls bin ich Single, und das ist auch
gut so. Ich wäre ein sehr unpassender Partner für jede Frau. Außerdem – was soll
ich der Frau schon sagen? Als Verlierer bin ich doch gebrandmarkt.
Henning: Du bist doch kein Verlierer!
Theo: Ach, ja? Bloß weil ich den Krebs überstanden habe und
Akademiker bin? Ich finde es scheiße, dass irgendwelche phantasielosen
Kommilitonen Glück hatten. Die haben nicht die Zusammenhänge so gut hinbekommen
wie ich. Bei Fragen standen die oftmals mit großen Augen da. Die konnten
lediglich sehr gut irgendwelche Sache rezitieren. Doch das sind nur Tonbandansagen
und keine geistigen Leistungen. Die haben nicht so viel Intellekt wie ich.
Henning: Ach, ja?
Theo: Ja, ich habe letztens einen Intelligenztest gemacht. 150
Punkte exakt kamen heraus. Damit bin ich mehr als überdurchschnittlich, dabei
habe ich nebenbei – während des Tests – gegessen. Außerdem habe ich angeblich
eine sehr hohe Auffassungsgabe.
Henning: Vielleicht mögen die Chefs keine Überflieger.
Theo: Das bin ich nun auch nicht, aber Arbeitgeber wünschen sich
selbstloses Arbeitsvieh. Dabei profitierten sie so stark durch mich.
Henning: Vielleicht krempeltest Du deren bisherige Arbeitsleistung
zu sehr um.
Theo: Vielleicht, doch das weiß ich doch nicht.
Henning: Was würdest Du für Deinen Traumjob denn alles geben?
Theo: Also, Krebs möchte ich nicht noch einmal. Das mache ich nicht
noch einmal mit. Aber für meinen Traumjob würde ich allerhand Zugeständnisse
mache. Aber das Erlangen eines Traumjobs sollte nicht zur eigenen Selbstaufgabe
führen.
Henning: Also geringere Bezahlung, weniger Urlaub und mehr
Überstunden?
Theo: Das wird doch jedem Berufseinsteiger abverlangt!
Henning: Was willst Du dann konkret…
Theo: Soll ich Dir etwa meinen Erstgeborenen überlassen? Ich bin
ein Mensch und habe etwas Würde und Respekt verdient.
Henning: Aber das leuchtet doch keinem Vorgesetzten ein.
Theo: Ja, so scheint es wohl zu sein.
Henning: Würdest Du Dein Leben noch einmal leben wollen?
Theo: Nein, ich sagte ja, dass ich nicht noch einmal Krebs haben will.
Aber sicherlich würde ich die eine oder andere Frau eher ansprechen, falls ich
noch einmal leben muss.
Henning: Ah, die große Liebe?
Theo: Scheinbar habe ich die wohl bislang verpasst.
Henning: Und ist etwas in Aussicht?
Theo: Nein, vielleicht die eine aus dem Supermarkt in meiner
Umgebung. Aber was soll ich der sagen? „Ich bin Theo, Historiker und
arbeitslos.“? Da kann ich es auch gleich bleiben lassen. Weißt Du, was das
Blöde ist?
Henning: Erklär es mir bitte.
Theo: Ich bin Protestant. Und obwohl ich Lutheraner bin, finde ich
eine Geschichte, die den Reformierten sehr wichtig ist, toll. Das Gleichnis von den anvertrauten Talenten (Matthäus 25, 14-30)…
Henning: Ich kenne die Geschichte.
Theo: Jedenfalls möchte ich so gern meine Talente nutzen, um meinem
Herrn und mir gerecht zu werden. Doch mir bleibt nichts anderes übrig.
Henning: Vielleicht ist es bei Dir wie bei dem reichen Mann und dem armen Lazarus (Lukas 16, 19-31). Auf der Erde musste Lazarus betteln und darben,
während der reiche Mann nicht teilen wollte. Dafür kam der Reiche in die Hölle,
während Lazarus in den Himmel kam. Du weißt, allein durch den Glauben kommt man
in den Himmel.
Theo: Nein, durch den Glauben werde ich gerechtfertigt. Außerdem
hat Luther einen Kunstgriff bei der Bibelübersetzung gemacht, indem er das Wort „allein“ in den Römerbrief 3 hinzufügte. Jedenfalls soll ich als Mensch durch
die Gnade Gottes errettet werden. Aber egal, soll ich etwa nun auf das
Himmelreich warten?
Henning: Das kann ich Dir auch nicht beantworten.
Theo: Siehst Du.
Henning: Theo, mir bleibt nur, Dir aufrichtig alles Gute zu
wünschen. Bedenke aber, Du hast so vieles durchgemacht, da brauchst Du nicht
mehr alles machen.
Theo: Das wäre zwar schön, aber ich will lediglich mein Leben. Ich
will leben.
Henning: Theo, vielen Dank für das Gespräch, das ich
veröffentlichen darf. Und ich wünsche Dir alles Gute.
Einige von Theos Bewerbungen:
1. An die Gewerkschaft Ver.di:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich will Gewerkschaftssekretär
werden! Wenn man mich Ver.di-Mitglied aus Münster, heute nach dem Ende meines
Studiums, aber auch schon seit längerem fragt, was mein innigster Berufswunsch
ist, so antworte ich: „Gewerkschafter.“ Das scheint mir im Gegensatz zu meinem
weltfremden Kindheitstraum, Astronaut zu werden, am realistischsten. Wozu das
utopische Ziel, zu den Sternen zu reisen, wenn es auf unserer Welt so viel
soziale Ungerechtigkeit gibt, die ich als Gewerkschaftssekretär bekämpfen kann?
Es bedarf keiner spektakulären Reisen zu fernen Sternen, weil mein Traum von
einem Maximum an Harmonie und sozial nachhaltigem Ausgleich in unserer
gemeinsamen Welt so viel dringlicher ist.
Deswegen biete ich Ihnen gern
meine folgenden Fähigkeiten zur Unterstützung an. Als Gesellschaftswissenschaftler
vermag ich, Ihnen mein Wissen für Ihre grundlegende Kulturarbeit anzubieten.
Als Volkskundler und Ethnologe mit meinen außergewöhnlichen Sprachkenntnissen
bin ich für Sie eine Bereicherung für den internationalen Austausch mit unseren
Schwesterorganisationen im Ausland. Als Historiker habe ich die Fähigkeit
erlangt, die komplexen sozialen Entwicklungen in der Welt zügig und schlüssig
zu überblicken. Als politisch besonders stark interessierter Mensch lese ich
wöchentlich den SPIEGEL und zahlreiche Sachbücher, schaue die Tagesschau und
Reportagen wie das Auslandsjournal als auch den Weltspiegel, setze mich also
mit der Zeitgeschichte und meinem sozialen Umfeld auseinander. Dadurch habe ich
einen starken Eindruck von innen- und außenpolitischen Entwicklungen vermittelt
bekommen. Als fortschrittlich geprägter Mensch kenne ich auch keine sozialen,
nationalen, ethnischen, kulturellen, religiösen oder Bildungsgrenzen. Und als
Gewerkschaftssekretär weiß ich, daß es sich dafür zu kämpfen lohnt. Denn bei
weitem nicht alles ist sozial, was Arbeit schafft. Gemeinsam mit Ihnen möchte
ich eine Zwei-, Drei- oder Mehrklassengesellschaft verhindern. Da hilft kein Beten,
sondern nur das gemeinsame, geschlossene, starke Handeln der Gewerkschaften,
die mit ihrem beherzten, arbeitsintensiven Engagement unsere Welt verbessern.
Mental bin ich bereits
Gewerkschafter. Nach außen hin trete ich schon jetzt für die Gewerkschaften des
DGB mit seinen weiteren Assoziierungen ein. Nun ist es mein dringlichstes Ziel,
aktiver Gewerkschafter zu sein.
Ich freue mich sehr, wenn Sie das
genauso wie ich sehen und mich zu einem persönlichen Gespräch einladen sowie
die Möglichkeit für eine gemeinsame Zukunft und Tätigkeit geben.
Mit kollegialem Gruß,
Theo
P.S.: Die Rohfassung dieser
Bewerbung habe ich mit einem Kugelschreiber der Ver.di geschrieben, während ich
Kaffee aus einer Ver.di-Tasse trank.
2. Ebenfalls eine Bewerbung an die Ver.di:
Sehr geehrte Kolleginnen und
Kollegen,
eine Begebenheit vom Freitag, dem
29. Juni 2012, nehme ich Ver.di-Mitglied aus Münster, zum Aufhänger für meine
Bewerbung als Jugendsekretär zur Einarbeitung. An dem Tag besuchte ich eine
Veranstaltung beim Career Service der Universität Münster. Diese Einrichtung
soll jungen Akademikern beim Berufseinstieg behilflich sein. Während des Seminars
stellte ich die Bedrückung der jungen, angehenden Arbeitnehmer fest. Der
Großteil der Teilnehmer befürchtete Ausbeutung, obwohl sie diesen Ausdruck aus
ihrem politischen Bewusstsein heraus ablehnten. Das betrübte mich als aktives
Mitglied im Ortsverein, an dessen Terminen ich neben anderen Veranstaltungen im
Bezirk wie den Bildungsveranstaltungen regelmäßig teilnehme und dessen Homepage
ich unter anderem betreue, sehr. Schließlich verkannten die Besucher dieses
Kurses die bisherigen Errungenschaften der Gewerkschaften vollkommen, wenn sie
eine Gefahr für ihre Work-Life-Balance sahen. Denn es ist den
DGB-Gewerkschaften zu verdanken, dass unter anderem samstags Vati den Kindern
gehört. Das eigentliche Problem war viel mehr die Unwissenheit dieser jungen
Mitmenschen, die ihnen in einem Arbeitsprozess zum Nachteil gereichen kann. Und
hier setzt die von mir angestrebte Tätigkeit als Jugendsekretär an, damit ich
mir deren Sorgen, Nöte sowie Probleme verinnerliche und durch Solidarität sowie
Mitbestimmung dagegen angehe. Denn als Verdi-Mitglied und wegen der Prägung
durch meinen Vater, einen gewerkschaftsnahen Juristen am Arbeitsgericht
Schwerin, konnte ich dieses Bild nicht auf der Ver.di und ihren
DGB-Schwestergewerkschaften ruhen lassen. Also folgte eine streitbare
Stellungnahme für die Gewerkschaften meinerseits. Ich hoffe jetzt, dass ich
wenigstens ein paar der Anwesenden erreicht habe. Denn Gewerkschaften leben in
besonderer Form vom persönlichen Engagement ihrer Mitglieder. Meine
Aufmerksamkeit als Jugendsekretär wird nicht nur Studenten gelten. Sie gilt
natürlich auch Auszubildenden und anderen jungen Arbeitnehmern, denn deren
Betreuung muss zumindest im gleichen Maß gewährleistet werden. So sind atypische
Arbeitsverhältnisse und schlechte Betreuung während der Ausbildung sicherlich die
größten Sorgen junger Arbeitnehmer. Um dies in Erfahrung zu bringen und mich
für eine passende Strategie zu entscheiden, werde ich in die Betriebe zu den
jungen Arbeitnehmern gehen. Ein weiteres Augenmerk werde ich dem Gender
Mainstreaming und der stärkeren Einbindung von jungen Arbeitnehmern mit Migrationshintergrund
widmen, die erfreulicherweise immer stärker Einzug in unsere Arbeitswelt
halten. Für junge Arbeitnehmer, Auszubildende und Mitglieder will ich fortan
eine feste Bezugsperson sein. Bitte geben Sie mir die Chance, für Sie tätig zu
werden, damit wir gemeinsam unsere dringlichsten Probleme angehen können.
Ich freue mich, wenn ich Ihr
Interesse geweckt habe, Ihnen meine Bewerbung gefallen hat und sie mich deshalb
bald zu einem persönlichen Kennenlerngespräch einladen.
Mit kollegialem Gruß
3. Eine Bewerbung die Gewerkschaft Nahrung, Genuss und Gaststätten (NGG):
Sehr geehrte Kollegen und
Kolleginnen,
seit Ewigkeiten begeistere ich
frischer Absolvent der Neueren & neuesten Geschichte,
Volkskunde/Europäischen Ethnologie und Ethnologie an der Westfälischen
Wilhelms-Universität Münster, mich für eine Stelle als Gewerkschaftssekretär
bei einer DGB-Gewerkschaft. Und als ich Eure Stellenausschreibung im Internet
vorfand, fragte ich mich, wie man die NGG und mich unter einen Hut bringen
kann. Und die Antwort ist ganz einfach: Ich erfülle zumindest die zwei
Buchstaben und stehe für das N sowie G. Keine Angst, ich weiß, mit welchem
Buchstaben meine Namen beginnen. Nein, ich stehe für Nahrung sowie Genuss und
müsste aufgrund dessen allein schon bestens zur NGG passen, wie ich es dem
Münsteraner Sekretär Mohammed am 01. Mai 2012 vor dem örtlichen DGB-Haus sagte.
Der französische Soziologe und Ethnologe Marcel Mauss bezeichnete Essen einmal
als „totales gesellschaftliches Phänomen“. Doch dies ist auch die Arbeit, die
unsere Kollegen leisten, indem sie unsere Nahrung veredeln, zubereiten und
servieren, indem sie uns ein wohliges Gefühl schenken, wenn sie uns in Hotels
bedienen oder kleine Dickmacher produzieren. Und deswegen stehe ich vollkommen
hinter unseren Kollegen und will unbedingt Gewerkschaftssekretär werden. Denn
ich sehe beispielsweise als ehemaliger Schweriner nicht ein, dass die dortige
Filiale der Oettinger Brauerei geschlossen werden musste und damit viele
Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren, nur weil die Produktion zu Lasten
ehrlicher Arbeiter andernorts billiger vonstattengehen muss. Schließlich ist
die Alkoholproduktion ein krisensicheres Gewerbe, weil in guten sowie in
schlechten Zeiten Alkohol verköstigt wird. Auch wenn Oetti ein Billigbier ist
und ich die Marke Lübzer bei weitem bevorzuge, so ändert dies nichts an der
qualitativ wertvollen Arbeit dieser Mitarbeiter.
Wie Ihr anhand dieser Äußerung
erkennen könnt, bin ich mit den Arbeitsfeldern der NGG sehr gut vertraut und identifiziere
mich vollkommen mit der Gewerkschaftsarbeit. Ferner bin ich als Ver.di-Mitglied
aus Nordrhein-Westfalen neben meinem Ehrenamt im Ortsverein Münster und
Betreuung dessen Homepage in der Projektgruppe U-35 ehrenamtlich tätig. Diese
Arbeitsgruppe setzt sich eine langfristige und -andauernde Jugendarbeit zum
Ziel, weil die Mitgliederzahlen der Ver.di ab dem 28. Lebensjahr stark
einbrechen. So stellten wir fest, dass die Ver.di es versäumte, die jungen
Kollegen aus der Jungend- und Ausbildungsvertretung und den Jugendgruppen der
Gewerkschaft mitzunehmen. Vor dem gleichen Problem stehen ebenfalls viele
unserer Schwesterngewerkschaften. So auch sicherlich die NGG, die mit einer
stark alternden Mitgliederstruktur zu kämpfen haben muss. Dagegen will ich als
Gewerkschaftssekretär angehen, damit auch weiterhin die NGG und ihre Schwestergewerkschaften
innerhalb des DGB staatstragend gestalterisch und tonangebend bleiben. Dafür
biete ich Euch mein hohes Maß an
kommunikativer, sozialer und interkultureller Kompetenz, mein durchorganisiertes,
durchsetzungsstarkes, selbständiges und trotzdem teamfähiges Arbeiten sowie ein
gewinnendes Auftreten. Als letztes biete ich Euch noch meine starke
Auffassungsgabe, weil ich komplexe soziale Zusammenhänge schnell begreife und
Anforderungen zügig umsetzen kann.
Ich freue mich sehr, bald von
Euch zu hören oder zu lesen. Schließlich will ich unbedingt Eure ausgeschriebene
Stelle als Sekretär zur Ausbildung besetzen.
Mit kollegialem Gruß
4. Abschließend noch ein Motivationsschreiben an den Bundesnachrichtendienst (BND):
Sehr geehrte Damen und Herren,
viele Menschen denken an Action
und Außendienst, wenn sie von Geheimdienstarbeit hören. Das ist eher Hollywood.
Genauso falsch ist mit großer Wahrscheinlichkeit auch das Bild von Ihnen als minderbegabte
Verwaltungsbehörde oder Teppichlieferant, welches in der deutschen und
internationalen Öffentlichkeit gezeichnet wird. Dies läßt sich unter anderem
durch die Verhandlungen zwischen dem Staat Israel und Hamas zur Freilassung des
israelischen Soldaten Gilad Schalit belegen, bei denen Mitarbeiter des BND als
Vermittler zwischen beiden Streitparteien auftraten. Es stellt sich deshalb die
Frage, wer schon hinter die Mauern von Pullach geschaut hat. Zumal der
Insider-Bericht von Norbert Juretzko auch eher eine subjektive Beschreibung des
eigenen Werdegangs ist. Wie Sie gerade lesen, gebe ich mich nicht einem
prestigeerheischenden sowie romantischen Berufsbild als Geheimdienstmitarbeiter
hin. Denn ich habe nie James Bond oder die Filme von Tom Cruise gesehen. Ich
habe mich vielmehr sachlich der Arbeit von Geheimdiensten angenähert. Das
erfolgte auf der Grundlage von zahlreicher Lektüre wie Monographien, der
Wochenzeitung DER SPIEGEL und leider auch von Verschwörungstheorien wie der von
Udo Ulfkotte. Dadurch erlangte ich die Begeisterung für die Geheimdienstarbeit.
Diese verstehe ich als verlängerten Arm der Außenpolitik, wie es Christopher
Andrew in seinem „Schwarzbuch des KGB 2“ 2006 beschrieb. Für Politik und fremde
Kulturen interessiere ich mich bereits seit meinem zehnten Lebensjahr. Inzwischen
sind fast 18 Jahre vergangen, in denen ich das tagtägliche Bedürfnis habe, die
Tagesschau zu sehen sowie wöchentlich den Bericht aus Berlin, den Weltspiegel
und das Auslandsjournal. Doch das tägliche Fernsehen und die wöchentliche
Lektüre reicht mir nicht mehr aus. Ich will hinter die Kulissen schauen, ich
will tiefer in die Materie eindringen. Schließlich stehe ich voll und ganz
hinter der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik und
ihrem Sozialstaat. Deswegen bewerbe ich mich bei Ihnen als Politologe. Ich
bringe Ihnen dazu mein frisch abgeschlossenes Studium der Neueren &
neuesten Geschichte, Volkskunde/Europäischen Ethnologie und Ethnologie von der
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster mit. Diese Fächer lassen mich heute
politische und soziale Konflikte schneller durchschauen und schlüssig erklären.
Und im Gegensatz zu studierten Politologen verlasse ich mich bei meiner Analyse
nicht auf Schätzungen durch irgendwelche Modelle sondern belege diese durch
Tatsachen, wie es das Handwerk von Historikern erfordert. Ferner verfüge ich
über passende Fremdsprachkenntnisse wie Russisch und Arabisch, die bei dieser
Arbeit für Sie von großem Vorteil sein können. All diese Fähigkeiten von mir
will ich für Ihre Behörde einsetzen, damit auch weiterhin die Bundesrepublik
sicher bleibt und ihr Wohlstand beständig ausgebaut werden kann. Als Ihr
Mitarbeiter gilt meine Loyalität ausschließlich dem Bundesnachrichtendienst und
keinem Partnerdienst, so hinreißend deren Bild auch sein mag. Die Treue zur
Bundesrepublik war mir bereits während meines Zivildienstes klar, denn dies war
kein Aufbegehren gegen die staatliche Obrigkeit sondern die Ablehnung des Dienstes
an der Waffe durch mich als evangelisches Gemeindemitglied. So befürworte ich,
daß die Arbeit beim Bundesnachrichtendienst laut dessen Gesetz kein
Waffendienst beinhaltet. Dieser Punkt stellt also somit kein Problem dar.
Ich freue mich, wenn ich Sie mit
meinem Motivationsschreiben innerlich berührt und vielleicht auch angesprochen
habe. Wenn dem so ist, freue mich sehr, daß Sie mich bald zu einem persönlichen
Kennenlerngespräch einladen.
Mit freundlichen Grüßen
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