Sonntag, 28. Juni 2015

Über den gemeinsamen Wert der Demokratie



Regelmäßig erfährt das Volk von den Politikern, dass die EU eine Wertegemeinschaft sei. Doch solche Plattitüden sind stark anzuzweifeln. Was hat ein Bremer mit einem Bayern schon großartig gemein? Welche Werte teilen die Deutschen mit den Griechen?

Nach dem heutigen Samstag, dem 27. Juni 2015, ist klar, welche Werte das deutsche Volk mit dem griechischen teilt. Nämlich keine! Die EU ist somit also keine Wertegemeinschaft. Überall wird die Demokratie propagiert. Doch wird tatsächlich das Volk einmal befragt, herrscht Missstimmung bei den europäischen Partnern. Doch ist Demokratie nicht das höchste Gut, das sich die Bürger Europas teilen? Scheinbar nicht. Demokratie ist nämlich zu partizipativ und damit unberechenbar. Mit solch einer Geisteshaltung konterkarieren die deutschen Unionsparteien und ihre europäischen Schwesterparteien ihre Bekräftigungen zur Demokratie. Die deutsche Sozialdemokratie ist da nur geringfügig besser. So widersprechen sich Parteichef Sigmar Gabriel und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz gegenseitig. Der eine mahnt zur Gelassenheit, während der andere als erklärter Europäer sich im ARD-Brennpunkt über die griechische Regierung empört.

Natürlich ist der griechische Volksentscheid nicht erfreulich für die EU-Partner. So wünschen sich die griechischen Bürger mehrheitlich ein Ende des sogenannten Spardiktats. Doch auf der anderen Seite wünschen sich die Bürger der europäischen Partnerstaaten sicherlich genauso mehrheitlich das Einhalten der griechischen Sparprogramme. Doch fragte man alle EU-Bürger, ob sie gern für Schulden leiden würden, wäre das Bild ganz einheitlich.

Und so ganz undenkbar wäre die Einheit nicht. Schließlich haben alle Staaten und viele Bürger vor der Finanzkrise über ihre Verhältnisse gelebt und kräftig Schulden gemacht. Das verdeutlicht, wie sehr sich das Geld von seiner eigentlichen Bedeutung verabschiedet hat. Geld ist längst nicht mehr Tauschäquivalent. Vielmehr ist es ein Spekulationsobjekt auf die Zukunft. Doch der schottische Philosoph David Hume sagte einmal: „Nichts ist im Verstand, was nicht vorher auch in den Sinnen war.“ Insofern kann das Geld, das zur Spekulation oder für Kredite genutzt wird, niemals ein Tauschäquivalent sein. Schließlich kann nach Hume niemand in die Zukunft sehen.

Insofern haben sich auch deutsche Kreditgeber verzockt, als sie an die Zukunft Griechenlands glaubten. Zwar hat Griechenland durchaus eine Zukunft, doch nicht unter den Prämissen, wie sie von EU, IWF und EZB angemahnt werden. Und dabei klafft nun ein Wettstreit hervor, der für viele Menschen bislang undenkbar war.

Seit der Unterjochung der osteuropäischen Staaten durch die Sowjetunion, aber spätestens seit dem Untergang der Sowjetunion glaubten viele Bürger an die Einheit zwischen Markt und Demokratie und deren Unzertrennlichkeit. Doch mit der griechischen Schuldenkrise zeigt sich die Diskrepanz zwischen Markt und Demokratie. Was ist so falsch daran, wenn die Griechen über ihre zukünftige Schuldentilgung abstimmen? Beeinträchtigt dieser Volksentscheid die eigene Zukunft in Europa? Aber eine Frage sollten sich Demokraten auf alle Fälle stellen: Lässt sich Demokratie mit Geld aufwiegen?

Ein griechisches Plebiszit wäre nicht so fatal, zu dem man ihn hochbauscht. Zwar verlören viele Geldgeber ihr Geld, doch das tägliche Brot könnte auch ohne griechische Schuldentilgung gebacken werden. Vielmehr würde das Geld etwas näher an seine angedachte Kapitaldeckung heranrücken, wenn dann nicht Gläubiger ihr Geld bei anderen europäischen Bürgern suchen würden. Zumindest wäre ein griechischer Volksentscheid ein Fest der Demokratie und ein Sieg über den Markt, egal wie es ausgeht.

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