Regelmäßig erfährt das Volk von
den Politikern, dass die EU eine Wertegemeinschaft sei. Doch solche Plattitüden
sind stark anzuzweifeln. Was hat ein Bremer mit einem Bayern schon großartig
gemein? Welche Werte teilen die Deutschen mit den Griechen?
Nach dem heutigen Samstag, dem
27. Juni 2015, ist klar, welche Werte das deutsche Volk mit dem griechischen
teilt. Nämlich keine! Die EU ist somit also keine Wertegemeinschaft. Überall
wird die Demokratie propagiert. Doch wird tatsächlich das Volk einmal befragt,
herrscht Missstimmung bei den europäischen Partnern. Doch ist Demokratie nicht
das höchste Gut, das sich die Bürger Europas teilen? Scheinbar nicht. Demokratie
ist nämlich zu partizipativ und damit unberechenbar. Mit solch einer
Geisteshaltung konterkarieren die deutschen Unionsparteien und ihre
europäischen Schwesterparteien ihre Bekräftigungen zur Demokratie. Die deutsche
Sozialdemokratie ist da nur geringfügig besser. So widersprechen sich
Parteichef Sigmar Gabriel und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz gegenseitig.
Der eine mahnt zur Gelassenheit, während der andere als erklärter Europäer sich im ARD-Brennpunkt über die griechische Regierung empört.
Natürlich ist der griechische
Volksentscheid nicht erfreulich für die EU-Partner. So wünschen sich die
griechischen Bürger mehrheitlich ein Ende des sogenannten Spardiktats. Doch auf
der anderen Seite wünschen sich die Bürger der europäischen Partnerstaaten
sicherlich genauso mehrheitlich das Einhalten der griechischen Sparprogramme. Doch
fragte man alle EU-Bürger, ob sie gern für Schulden leiden würden, wäre das
Bild ganz einheitlich.
Und so ganz undenkbar wäre die
Einheit nicht. Schließlich haben alle Staaten und viele Bürger vor der Finanzkrise
über ihre Verhältnisse gelebt und kräftig Schulden gemacht. Das verdeutlicht,
wie sehr sich das Geld von seiner eigentlichen Bedeutung verabschiedet hat.
Geld ist längst nicht mehr Tauschäquivalent. Vielmehr ist es ein Spekulationsobjekt
auf die Zukunft. Doch der schottische Philosoph David Hume sagte einmal:
„Nichts ist im Verstand, was nicht vorher auch in den Sinnen war.“ Insofern
kann das Geld, das zur Spekulation oder für Kredite genutzt wird, niemals ein
Tauschäquivalent sein. Schließlich kann nach Hume niemand in die Zukunft sehen.
Insofern haben sich auch deutsche
Kreditgeber verzockt, als sie an die Zukunft Griechenlands glaubten. Zwar hat
Griechenland durchaus eine Zukunft, doch nicht unter den Prämissen, wie sie von
EU, IWF und EZB angemahnt werden. Und dabei klafft nun ein Wettstreit hervor,
der für viele Menschen bislang undenkbar war.
Seit der Unterjochung der
osteuropäischen Staaten durch die Sowjetunion, aber spätestens seit dem
Untergang der Sowjetunion glaubten viele Bürger an die Einheit zwischen Markt
und Demokratie und deren Unzertrennlichkeit. Doch mit der griechischen
Schuldenkrise zeigt sich die Diskrepanz zwischen Markt und Demokratie. Was ist
so falsch daran, wenn die Griechen über ihre zukünftige Schuldentilgung abstimmen?
Beeinträchtigt dieser Volksentscheid die eigene Zukunft in Europa? Aber eine Frage sollten sich Demokraten auf alle Fälle stellen: Lässt sich Demokratie mit Geld aufwiegen?
Ein griechisches Plebiszit wäre
nicht so fatal, zu dem man ihn hochbauscht. Zwar verlören viele Geldgeber ihr
Geld, doch das tägliche Brot könnte auch ohne griechische Schuldentilgung
gebacken werden. Vielmehr würde das Geld etwas näher an seine angedachte
Kapitaldeckung heranrücken, wenn dann nicht Gläubiger ihr Geld bei anderen
europäischen Bürgern suchen würden. Zumindest wäre ein griechischer
Volksentscheid ein Fest der Demokratie und ein Sieg über den Markt, egal wie es
ausgeht.
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