Samstag, 8. November 2014

Wolf Biermann im Deutschen Bundestag (07. November 2014)



Na, der Schuss ging ja nach hinten los. Anlässlich der Feier zum Fall der Berliner Mauer vor 25 Jahren wurde der Liedermacher Wolf Biermann von Bundestagspräsident Norbert Lammert in den Deutschen Bundestag eingeladen. Lammert – trotz seiner Freundlichkeit eher stramm konservativ – wollte damit wohl seinen politischen Standpunkt verdeutlichen, denn Biermann hatte mit dem Mauerfall an sich nichts zu tun gehabt. Außerdem gab es auf den Montagsdemonstrationen zahlreiche andere Künstler. Beispielsweise Jan Josef Liefers, als er auf der Alexanderplatz-Demonstration am 04. November 1989 auftrat. Doch Liefers war Lammert wohl etwas zu SPD-lastig.

Also lief es auf Biermann hinaus. Dass Biermann sich gern für geistig überlegen hält, hat er bereits oft kundgetan. So sprach er sich etwa für den Kosovokrieg 1999 und den Irakkrieg 2003 aus. Für den Irakkrieg hatte er nachträglich sogar eine sehr schlaue Ausrede parat: „Ich bin sogar der Meinung, dass der französische Präsident Chirac und sein kleiner deutscher Kumpel, der falsche Pazifist und Bundeskanzler Schröder, eine große Mitschuld am Irakkrieg der Amerikaner und Briten gegen das Terror-Regime von Saddam Hussein haben. Der Krieg vor drei Jahren hätte womöglich vermieden werden können, weil der Diktator abgetreten wäre, hätte der Westen mit einer Zunge gesprochen, mit einer Faust gedroht.“ Das Hätte-wäre-wenn-Spiel macht natürlich im Nachhinein immer Spaß.

In seiner Krawallmanier warf Biermann dem damaligen Bundeskanzler Schröder falschen Pazifismus vor, obwohl sich Biermann selbst für den Krieg aussprach. Nun ja.


Darauf erwiderte Biermann: „Jaaaah, [Pause] aber natürlich habe ich mir in der DDR das Reden nicht abgewöhnt, und das werde ich hier schon gar nicht tun.“ [Ebenfalls Gelächter und Applaus bei der Unions- und Grünen-Fraktion]

Nachdem Biermann dann die Linksfraktion mit dem „elenden Rest“ der SED gleichsetzte, behauptete er noch: „Ich habe Euch zersungen mit den Liedern, als Ihr noch an der Macht wart.“ [Applaus aus der Unionsfraktion]

Abschließend durfte eine Händedruck Lammerts natürlich nicht ausbleiben. Und auch Bundeskanzler Angela Merkel und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel eilten auf Biermann zu, um ihm die Hand zu schütteln und zu umarmen.

Was geht nun überhaupt in einem Mann vor, der angeblich die DDR zersungen haben möchte? Ist es Frustration, Enttäuschung und ein übersteigertes Selbstbewusstsein? Vermutlich alles von dem, denn anders lassen sich die beschriebenen Fehltritte Biermanns nicht erklären.

Und so vermochte es Biermann, nur den politisch festgefahrenen Lammert vorzuführen. Der Bundestagspräsident konnte nicht aus seiner Haut und mithilfe seines Amtes der Linksfraktion gerecht werden. Denn die Kritik an der Linken ist unberechtigt. Schließlich war ein Teil der Abgeordneten der Linken nie DDR-Bürger und damit auch nicht Teil des SED-Regimes. Außerdem gibt es viele Abgeordnete, die beim Fall der Mauer zu jung für politische Mündigkeit waren.

Lammert hatte auf dieser Feierstunde seinen bittersüßen Spaßgram, doch Biermann sollte sich besser intellektuell auf seiner Ehrendoktorwürde der Berliner Humboldt-Universität ausruhen. Nach seiner Ausbürgerung ist das wohl die einzige Anerkennung und Aufmerksamkeit, die ihm neben seinem Ehrenbürgerrecht der Stadt Berlin aus dem Jahr 2007 zuteilwurde.

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