Na, der Schuss ging ja nach
hinten los. Anlässlich der Feier zum Fall der Berliner Mauer vor 25 Jahren
wurde der Liedermacher Wolf Biermann von Bundestagspräsident Norbert Lammert in
den Deutschen Bundestag eingeladen. Lammert – trotz seiner Freundlichkeit eher stramm
konservativ – wollte damit wohl seinen politischen Standpunkt verdeutlichen,
denn Biermann hatte mit dem Mauerfall an sich nichts zu tun gehabt. Außerdem
gab es auf den Montagsdemonstrationen zahlreiche andere Künstler.
Beispielsweise Jan Josef Liefers, als er auf der Alexanderplatz-Demonstration am
04. November 1989 auftrat. Doch Liefers war Lammert wohl etwas zu SPD-lastig.
Also lief es auf Biermann hinaus.
Dass Biermann sich gern für geistig überlegen hält, hat er bereits oft
kundgetan. So sprach er sich etwa für den Kosovokrieg 1999 und den Irakkrieg
2003 aus. Für den Irakkrieg hatte er nachträglich sogar eine sehr schlaue
Ausrede parat: „Ich bin sogar der Meinung, dass der französische Präsident Chirac und sein kleiner deutscher Kumpel, der falsche Pazifist und Bundeskanzler Schröder, eine große Mitschuld am Irakkrieg der Amerikaner und Briten gegen das Terror-Regime von Saddam Hussein haben. Der Krieg vor drei Jahren hätte womöglich vermieden werden können, weil der Diktator abgetreten wäre, hätte der Westen mit einer Zunge gesprochen, mit einer Faust gedroht.“ Das Hätte-wäre-wenn-Spiel macht natürlich im Nachhinein immer Spaß.
In seiner Krawallmanier warf Biermann
dem damaligen Bundeskanzler Schröder falschen Pazifismus vor, obwohl sich
Biermann selbst für den Krieg aussprach. Nun ja.
Und so dauerte es auch nicht
lange, bis Lammert den Gast Biermann bei den Feierlichkeiten im Bundestag am
gestrigen Freitag zur Ordnung rief: „Ich kann Ihnen auch, Herrn Biermann, mit einem Hinweis aus unserer Geschäftsordnung helfen. [Gelächter und Applaus im gesamten Plenum] Sobald Sie für den Deutschen Bundestag kandidieren und gewählt werden, dürfen Sie hier auch reden.[Erneutes Gelächter im gesamten Plenum] Heute sind Sie zum Singen eingeladen.“
Darauf erwiderte Biermann: „Jaaaah,
[Pause] aber natürlich habe ich mir
in der DDR das Reden nicht abgewöhnt, und das werde ich hier schon gar nicht
tun.“ [Ebenfalls Gelächter und Applaus
bei der Unions- und Grünen-Fraktion]
Nachdem Biermann dann die
Linksfraktion mit dem „elenden Rest“ der SED gleichsetzte, behauptete er noch: „Ich
habe Euch zersungen mit den Liedern, als Ihr noch an der Macht wart.“ [Applaus aus der Unionsfraktion]
Abschließend durfte eine
Händedruck Lammerts natürlich nicht ausbleiben. Und auch Bundeskanzler Angela
Merkel und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel eilten auf Biermann zu, um
ihm die Hand zu schütteln und zu umarmen.
Was geht nun überhaupt in einem
Mann vor, der angeblich die DDR zersungen haben möchte? Ist es Frustration,
Enttäuschung und ein übersteigertes Selbstbewusstsein? Vermutlich alles von dem,
denn anders lassen sich die beschriebenen Fehltritte Biermanns nicht erklären.
Und so vermochte es Biermann, nur
den politisch festgefahrenen Lammert vorzuführen. Der Bundestagspräsident konnte
nicht aus seiner Haut und mithilfe seines Amtes der Linksfraktion gerecht
werden. Denn die Kritik an der Linken ist unberechtigt. Schließlich war ein
Teil der Abgeordneten der Linken nie DDR-Bürger und damit auch nicht Teil des
SED-Regimes. Außerdem gibt es viele Abgeordnete, die beim Fall der Mauer zu
jung für politische Mündigkeit waren.
Lammert hatte auf dieser Feierstunde
seinen bittersüßen Spaßgram, doch Biermann sollte sich besser intellektuell auf
seiner Ehrendoktorwürde der Berliner Humboldt-Universität ausruhen. Nach seiner
Ausbürgerung ist das wohl die einzige Anerkennung und Aufmerksamkeit, die ihm
neben seinem Ehrenbürgerrecht der Stadt Berlin aus dem Jahr 2007 zuteilwurde.
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