Montag, 10. November 2014

Die schwarze Null



Beim Roulette sind alle geraden Zahlen schwarz, alle ungerade rot. Und die Null? Grün. Schließlich ist sie weder eine gerade noch eine ungerade Zahl. Doch bei der aktuellen Schuldenbremse erfährt die Null eine Umdeutung. Als oberstes Staatsziel von der Union ausgerufen wurde die Null schwarz. Somit ist die Null als eigentlicher Mittelpunkt aller Zahlen parteipolitisch vereinnahmt worden und fortan politisch festgelegt worden.

Und wie groß ist doch die Freude, dass der Staatshaushalt zukünftig ohne Schulden auskommen soll. Höchstens noch in kritischen Ausnahmesituationen wie Naturkatastrophen, Kriegen und anderen Krisen sind Kreditaufnahmen gestattet. Erlaubt sind dagegen nur noch Anleihen mit kurzer Laufzeit, um den staatlichen Betrieb am Laufen zu halten.

Scheinbar glauben die Staaten nicht mehr an ihre Zukunftsfähigkeiten, obwohl Banken bislang die größten Profiteure der staatlichen Kreditvergaben waren. Denn Kredite mit ihren Zinsen und Zinseszinsen waren gute Geldanlagen. Und sogenannte Junkbonds, die Staatsanleihen mit hohen Renditen enthalten, sind momentan der letzte Schrei. Das ist komisch – Staaten, die nicht mehr an sich selbst glauben, und Banken, die Junkbonds wollen. Was ist da los?

Die staatliche Schuldenbremse beinhaltet also den staatlichen Schutz vor Gewinnausfällen bei den Kreditinstituten. Wenn irgendwann die Schuldenbremsen und die Bankenunion europaweit gelten, dann können die Banken bei einer möglichen Banken- mit möglicherweise anschließender Finanz- sowie Fiskalkrise nicht ihre Schulden auf den Bürger abwälzen. Kurzfristig dürfen also Banken durch den Staat profitieren, langfristige Glücksspiele zu Lasten der Geldinstitute sind also nicht mehr möglich. Da haben die Banken Schwein gehabt.

Dahinter steckt aber auch eine Absicherung vor ausgleichender Gerechtigkeit. Zwar werden die Banken immer reicher, wie es der Südafrikaner Andrew Ross Sorkin in seinem Buch „Die Unfehlbaren“ beschrieb, aber abgeben wollen sie von den Gewinnen nichts. Dabei profitierten sie doch so stark von den Krediten. Wer allerdings das Risiko einer Kreditvergabe eingeht, muss auch damit rechnen, dass es zu Ausfällen kommt. In dem Fall wäre die staatliche Gemeinschaft der Profiteur eines möglichen Kreditausfalls. Doch das tritt ja nun nicht mehr ein. Somit ist die Schuldenbremse ebenfalls ein Einschnitt in die Sozialsysteme und ein Raub unser aller Zukunft, weil notwendige Investitionen aufgeschoben werden.

Außerdem würde eine mögliche Zahlungsunfähigkeit bei irgendeinem Staat die betroffenen Politiker eines jeweiligen Landes in große Verlegenheit bringen, weil dann der tatsächliche Inhaber des Vorrechts zum Vorschein käme. Gibt es also das Primat des Staats oder das Primat über den Staat? Damit ist die Schuldenbremse auch die Wahrung des Scheins. Sie bewahrt Politiker auch vor Gesichtsverlust.

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