Mittwoch, 26. November 2014

Vorgestern Kobane, gestern Jerusalem, heute Ferguson, und morgen?



Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten in Deutschland haben einen staatlichen Auftrag. Und zwar einen Bildungsauftrag. Sie sollen den Bürger mit Informationen beliefern und damit seiner politischen Meinungsbildung behilflich sein. Wenn es das ‘mal wäre!

Vielmehr scheinen die Reporter und Redakteure allzu sensationslüstern. Scheinbar geht es nicht mehr um Bildung und Inhalte, sondern um Quote. Vor fünf Wochen war Kobane in allen Medien. Die ARD übertrug einen Brennpunkt und malte den Teufel an die Wand. Letzte Woche Dienstag erfolgte ein schreckliches Massaker in einer Jerusalemer Synagoge, bei dem fünf Israelis starben. Große Berichterstattung dazu in allen Medien. Die ARD übertrug einen Brennpunkt und malte den Teufel an die Wand. Am heutigen Dienstag entschied eine Jury in den USA, dass der US-amerikanische Polizist Darren Williams aus Ferguson im US-Bundesstaat Missouri nicht angeklagt wird. Der weiße Polizist Williams hatte den unbewaffneten, schwarzen Jugendlichen Michael Brown mit mindestens sechs Schüssen getötet. Für deutsche Verhältnisse eine unvorstellbare Grausamkeit. Der Verzicht auf eine Anklage Williams war in allen deutschen Medien. Schließlich kam es in den USA landesweit zu Unruhen und Demonstrationen. Die ARD übertrug einen Brennpunkt und malte den Teufel an die Wand.

Das sind alles wirklich sehr schreckliche Ereignisse, bei denen Menschen starben. Unbestritten: Es ist wichtig, dass die Welt von all den genannten Ereignissen erfährt. Doch was soll uns eine derartige Aufbauschung dieser Nachrichten bedeuten? Am heutigen Dienstag begann im Bundestag die Debatte zum Haushaltsentwurf 2015. Es war ein kurzer Beitrag, dabei betrifft uns dieser Punkt unmittelbar. Das soll nun hier kein Aufwiegen von Menschenleben gegenüber Staatsfinanzen darstellen.

Doch die unverhältnismäßige Berichterstattung über Kobane, Jerusalem und Ferguson wirkt sensationslüstern, voyeuristisch, selbstgerecht, anmaßend und abgehoben. Es scheint, als wollten sich Tagesschau und Co. an den Toten ergötzen und dabei ihren Auftrag zur Meinungsbildung vernachlässigen. Und so kommt es oftmals vor, dass der Bericht eines gelangweilten Reporters über den Haushaltsentwurf erfolgt, während anschließend ein euphorischer Berichterstatter das aktuelle Fußballspiel kommentiert. Dabei ist Fußball ein äußerst langsamer und damit langweiliger Sport mit äußerst kurzer Halbwertszeit. Gleichzeitig ist Sport noch weniger relevant als jedes andere Ereignis in der Welt. Die Nachrichtenmacher brauchen also endlich einmal eine inhaltliche Neuausrichtung, damit der Haushaltsentwurf seine entsprechende Würdigung erfährt und die Geschehnisse in Kobane, Jerusalem sowie Ferguson nicht unerwähnt bleiben.

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