Im SPIEGEL-Interview „Lasst die Toten ihre Toten begraben“ (20/2015) sagte die Pariser Geschichtsprofessorin
Jutta Scherrer aus, dass die Unterschiede zwischen den Grenzen vor und nach dem
sowjetischen Kriegseintritt am 17. September 1939 im russischen Geschichtsunterricht
nicht thematisiert werden. Das mag sicherlich stimmen. Jedoch spricht Scherrer
damit die angeblich unrechtmäßig erfolgte Annexion polnischer Gebiete durch die
damalige Sowjetunion an. Das ist jedoch falsch. Es war keine illegitime
Besetzung.
Denn so perfide, wie der
Hitler-Stalin-Pakt (besser Ribbentropp-Molotow-Pakt) auch war, die Sowjets
gingen nur so weit, wie es ihnen völkerrechtlich zustand. Denn nach dem ersten
Weltkrieg 1918 sowie nach dem polnisch-sowjetischen Krieg zwischen 1919 und
1921 nahm der britische Außenminister Lord George Curzon eine Grenzziehung nach
ethnisch-nationalen Gesichtspunkten vor. Diese Grenze war vom Völkerbund sowie durch
zahlreiche polnischen-sowjetische Verträge anerkannt. Jedoch nahm die
sowjetische Führung die polnisch besetzten Gebiete bis 1939 nicht in Besitz.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg beanspruchte sie das Gebiet, wodurch der fade
Beigeschmack einer Annexion aufkam.
Insofern irrt Frau Professor
Jutta Scherrer. Komisch nur, dass ihr Fachgebiet die Osteuropäische Geschichte
ist. Merkwürdig ist auch, dass sie eine vermeintliche Annexion dem heutigen
russischen Volk anlastet, obwohl diese ehemals polnischen Gebiete nun zu Weißrussland
gehören.
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