Dienstag, 2. Juni 2015

Der Irrtum der Historikerin Jutta Scherrer



Im SPIEGEL-Interview „Lasst die Toten ihre Toten begraben“ (20/2015) sagte die Pariser Geschichtsprofessorin Jutta Scherrer aus, dass die Unterschiede zwischen den Grenzen vor und nach dem sowjetischen Kriegseintritt am 17. September 1939 im russischen Geschichtsunterricht nicht thematisiert werden. Das mag sicherlich stimmen. Jedoch spricht Scherrer damit die angeblich unrechtmäßig erfolgte Annexion polnischer Gebiete durch die damalige Sowjetunion an. Das ist jedoch falsch. Es war keine illegitime Besetzung.

Denn so perfide, wie der Hitler-Stalin-Pakt (besser Ribbentropp-Molotow-Pakt) auch war, die Sowjets gingen nur so weit, wie es ihnen völkerrechtlich zustand. Denn nach dem ersten Weltkrieg 1918 sowie nach dem polnisch-sowjetischen Krieg zwischen 1919 und 1921 nahm der britische Außenminister Lord George Curzon eine Grenzziehung nach ethnisch-nationalen Gesichtspunkten vor. Diese Grenze war vom Völkerbund sowie durch zahlreiche polnischen-sowjetische Verträge anerkannt. Jedoch nahm die sowjetische Führung die polnisch besetzten Gebiete bis 1939 nicht in Besitz. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg beanspruchte sie das Gebiet, wodurch der fade Beigeschmack einer Annexion aufkam.

Insofern irrt Frau Professor Jutta Scherrer. Komisch nur, dass ihr Fachgebiet die Osteuropäische Geschichte ist. Merkwürdig ist auch, dass sie eine vermeintliche Annexion dem heutigen russischen Volk anlastet, obwohl diese ehemals polnischen Gebiete nun zu Weißrussland gehören.

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