In unserer Welt gibt es viele
Ungerechtigkeiten, die sich auf sehr unterschiedliche Art und Weise
ausgestalten. Manche Leute kriegen samstags nicht mehr ihren SPIEGEL
ausgeliefert und rufen dann wutentbrannt beim SPIEGEL-Kundenservice an. Dann
unterstellen manche Abonnenten dem Mitarbeiter im Kundenservice, dass der
SPIEGEL mit der Deutschen Post unter einer Decke stecke, und dass sich der
SPIEGEL mit der Post gegen sie verschworen hätte. Vollkommen abstrus!
Der Arbeitnehmerseite bei der
Deutschen Post AG ist nämlich absolut nicht daran gelegen, das Leben der Kunden
zu erschweren. Es geht um legitime Ziele, die die Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer versuchen zu erreichen. Denn die Deutsche Post ist längst nicht
mehr ein vorbildlicher Arbeitgeber, wie man landläufig glauben könnte.
Mittlerweile betreibt die Post Ausbeutung, Lohndumping und Entfremdung der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im marxistischen Sinne.
Die westfälische Stadt Münster
ist hierfür ein sehr gutes Beispiel. Die Post beschäftigt in Münster ungefähr
4500 Menschen. Rund 45 Prozent sind davon verbeamtet. Dieser Prozentsatz nimmt
natürlich kontinuierlich ab, weil die Post mittlerweile eine private
Aktiengesellschaft ist und die Beamten aussterben. Jedoch gibt es durchaus noch
Angestellte. Diese werden allerdings nur noch für zwei Jahre befristet
angestellt. Damit soll gewährleistet werden, dass die Lohnkosten für
Briefzusteller und andere Postangestellte nicht explodieren.
Jedoch gibt es bei der Deutschen
Post durch Fremdvergabe mittlerweile auch Leiharbeiter, Werkvertragsnehmer und andere
vergleichbare Beschäftigungsverhältnisse. Diese Sache gestaltet sich derartig
schlimm, dass es manchmal nicht nur Sub-Unternehmer gibt, sondern auch
Sub-Subunternehmer. Manchmal handelt es sich bei solchen Unternehmen um ehemalige,
mittlerweile ausgegliederte Unternehmensbereiche. Doch bloß weil sich dabei um
eine ehemalige Postsparte handelt, beinhaltet das noch nicht sozial gerechte
Entgelte oder Tarifverträge. Ein Beispiel hierfür ist die DHL Sorting Center GmbH. Dabei handelt es sich um einen Post- und Logistikdienstleister, der
beinah ausschließlich für die Deutsche Post AG tätig ist. Doch Frank Appel als
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Post AG taucht im Eintrag des
Handelsregisters nicht auf. Und die Zergliederung der Deutschen Post AG setzt
sich fort, sagt Wolfgang Rieck-Henke, Bezirksfachbereichsvorsitzenden des
Fachbereichs 10 (Postdienstleistungen) im Münsterland, aus.
Dieser ganze Sachverhalt zeugt
von einem Missstand sondergleichen. Es gibt mittlerweile drei
Beschäftigungsverhältnisse bei der Deutschen Post AG, deren Beschäftigte bei
gleicher Arbeit aber unterschiedlich entlohnt werden. Und dann kommen noch die
befristeten Beschäftigungsverhältnisse hinzu. Somit ist es kein Wunder, dass
die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer streiken. Das ist ihr gutes Recht. Doch
auch hier hintergeht die Arbeitgeberseite ihre Angestellten, indem
Streikbrecher eingesetzt werden.
Am Dienstag, dem 26. Mai 2015, erging dazu das Urteil 3 Ga 18/15. ver.di klagte vor dem Arbeitsgericht Bonn,
dass verbeamtete Postbedienstete unfreiwillig als Streikbrecher eingesetzt
worden sind. Denn das widerspräche dem Grundgesetz (Art. 9 Abs. 3 GG), wonach
Beamte nicht als Streikbrecher eingesetzt werden dürfen. Eidesstattliche
Erklärungen fanden laut Rieck-Henke keinen Anklang. Vielmehr wurde nun die
Beweisführung umgedreht und deren Last der Arbeitnehmerseite aufgebürdet.
Fortan müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder ihre Kolleginnen und
Kollegen nachweisen, dass sie unfreiwillig arbeiten. Das birgt die Gefahr eines
sozialen Unfriedens in dem jeweiligen Postunternehmen in sich.
Doch Streikbrecher finden auch
anderweitig Anklang bei der Deutschen Post. So wurden in Münster ausländische
Leiharbeiter aus der Slowakei und Rumänien angekarrt, so Rieck-Henke. Diese
slowakischen und rumänischen Leiharbeiter verrichten nun die Arbeit für die
streikenden Beschäftigten in Münster. Hier macht es sich die Arbeitgeberseite
der Deutschen Post sehr einfach, indem sie soziale Not slowakischer und
rumänischer Bürger ausnutzt. Zwar haben die ausländischen Leiharbeiter nach
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz auch das Recht, die Arbeit in bestreikten Betrieben zu verweigern. Doch wer klärt die armen slowakischen und rumänischen
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schon richtig auf? Sie sind froh, wenn sie
in Münster etwas mehr verdienen können, als sie es in ihrer Heimat tun würden.
Doch hinnehmbar ist auch dieser Missstand nicht.
Insofern ist zu hoffen, dass sich
die streikenden Postbediensteten durchsetzen und die Arbeitgeberseite endlich
Einsicht erlangt. Zu wünschen wäre es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
der Deutschen Post AG sehr! Denn wie kann es sein, dass die Deutsche Post heute
unwirtschaftlicher als vor etlichen Jahren arbeitet? Somit gibt es keine
Rechtfertigung für Ausbeutung, Lohndumping, Entfremdung, Befristungen und
Leiharbeit! Schließlich fährt die Post AG regelmäßig Gewinne ein! Doch scheinbar
dürfen die Gewinne nicht an die Beschäftigten in Form von Lohnerhöhungen,
sondern vielmehr als Dividende an die Aktionäre weitergegeben werden.
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