Montag, 13. Juli 2015

Der griechische Vorreiterrolle in der Strategieentwicklung



Die Griechen – seit jeher das Volk der besten Strategen. Nicht einmal Friedrich der Große, General Schliefen, General Ludendorff, General Eisenhower, Marschall Tschuikow oder Marschall Schukow konnten bislang das strategische Genie der Griechen übertreffen.

Das Trojanische Pferd: Eine griechische Erfindung. In einem Holzpferd versteckten sich griechische Soldaten, um dann die Stadt Troja von innen heraus zu überfallen. Dadurch gewannen die antiken Griechen im zwölften Jahrhundert vor Christus den trojanischen Krieg. Erst später wurden vergleichbare Panzertarnungen erfunden. So etwa die CSS Hunley als das weltweit erste Unterseeboot der Südstaatenmarine im US-amerikanischen Bürgerkrieg. Oder die ersten Panzer der britischen Armee während des Ersten Weltkriegs.

Oder die Schlacht bei den Thermophylen: Ebenfalls eine griechische Meisterleistung. In dieser Schlacht überfielen die zahlenmäßig unterlegenen Griechen die Perser an einer geographisch günstigen Lage, um sie dann niederzumetzeln und den Perserkrieg 480 vor Christus für sich zu gewinnen. Erst Alexander I. von Russland entwickelte diese Ideen während der napoleonischen Kriege weiter, indem er sich vor den anrückenden französischen Truppen immer weiter zurückzog, bis es für die Franzosen zu ungünstig wurde. Danach schlug er siegreich zu. Stalin und die Rote Armee taten es Alexander I. gleich, als sie Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg erfolgreich niederrangen.

Auch die schiefe Schlachtordnung ist ein griechischer Geniestreich. Unübertroffen. Bei der schiefen Schlachtordnung werden Truppen punktuell verstärkt, um die zahlenmäßig überlegenen Gegner in einer starren Schlacht aufzureiben. Die Griechen erfanden diese brillante Strategie während der Schlacht zwischen Sparta und Theben im vierten Jahrhundert vor Christus. Die Spartaner wurden durch diese Schlachtordnung geradezu niedergemetzelt. Erst Friedrich der Große entdeckte bei seinen Studien von antiken Texten diese Strategie neu, um sie bei der Schlacht von Leuthen im Siebenjährigen Krieg gegen habsburgische, bayrische und württembergische Truppen siegreich anzuwenden. Dabei waren die Gegner der preußischen Truppen doppelt so zahlreich.

Ja, die Griechen haben geradezu einen Sinn für effektive Strategien. Doch heute sind deren Konflikte und Schlachtpläne weitaus weniger martialisch. Sie sind geradewegs friedlich, auch wenn die aktuelle Berichterstattung über die griechische Schuldenkrise etwas anderes suggeriert. So wird ein Konflikt regelrecht heraufbeschworen. Etwa vom freiwilligen Ausscheiden oder vom Rauswurf Griechenlands aus der europäischen Gemeinschaftswährung.

Grund dafür ist die Verhandlungshaltung des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Im Januar 2015 gewannen Tsipras und seine Syriza die griechische Parlamentswahl mit dem Versprechen, dass endlich Schluss ist mit dem Spardiktat der sogenannten Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds. Die Griechen waren die Sparpolitik und die sozialen Einschnitte mehrheitlich leid. Also wählten sie Tsipras zum neuen starken Mann Griechenlands und zum griechischen Verhandlungsführer.

Und ganz wertfrei, Tsipras macht seine Aufgaben bislang hervorragend. Um das zu erkennen, muss man nicht unbedingt Anhänger der griechischen Regierung sein. Es reicht ein nüchterner Blick auf die Realität. Dem griechischen Volk droht seit Monaten der Grexit. Um diesen entgegenzuwirken, bietet die aktuelle griechische Regierung immer neue Verhandlungen an und verhindert damit sowohl ein Ausscheiden aus dem Euro als auch Reformen im eigenen Land.

Scheinbar hat Alexis Tsipras die Diskursanalyse des deutschen Philosophen Jürgen Habermas regelrecht verinnerlicht. Die Diskursanalyse von Habermas setzt eine demokratische Diskussion bis zur konsensuellen Einigung voraus. Doch Konsens ist bislang, dass ein Grexit verhindert werden muss. Davon sind Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande, Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi sowie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker überzeugt. Nur einige osteuropäische Vertreter tanzen etwas aus der Reihe.

Der Knackpunkt am habermasschen Diskurs ist allerdings bislang die konsensuelle Einigung. Das heißt, dass eine übereinstimmende Einigung zwischen allen Vertretern der Euroländer, der EZB, der EU und des IWF getroffen werden müsste. Das ist natürlich unmachbar. Wenn sich jedoch ein Teilnehmer dem Diskurs verweigert, so wäre das undemokratisch. Damit delegitimierte sich dieser Vertreter selbst. Wenn also der Deutsche Bundestag mehrheitlich weitere Hilfszahlungen an Griechenland ablehnte, setzte er damit seine bundesdeutschen Vertreter bei den Verhandlungen mit griechischen Vertretern außerhalb des demokratischen Diskurs‘. Insofern können die Verhandlungen in der griechischen Schuldenkrise bis ins Unendliche getrieben werden, ohne dabei einen Grexit zu riskieren oder Reformen in Griechenland durchzusetzen.

Und sollten irgendwann die Notfall-Liquiditätshilfen der EZB, sogenannte ELA-Notkredite, aufgebraucht sein und damit griechische Schuldscheine als Zahlungsmittel eingeführt werden, ist das halt so. Auch wenn diese Schuldscheine irgendwann inflationsbedingt ihren Wert verlören. Denn dann gäbe die griechische Regierung einfach mehr Schuldscheine aus.

Ein Kompromiss, der einer konsensuellen Einigung gleichkäme, wäre ein Aufeinanderzugehen beider Streitparteien. Dazu müsste Deutschland mehr Geld für die Griechenlandrettung aufbringen, während die Griechen ihre Forderungen etwas reduzierten.

Und so sind die Griechen auch weiterhin Meister der Strategie. Es wird niemals auf demokratische Weise zu einem Grexit kommen. Und solange die Griechen verhandeln, wird es keine Reformen geben. Selbst wenn am kommenden Mittwoch, dem 15. Juli 2015, Reformvorschläge der Gläubiger durch das griechische Parlament gepeitscht werden sollten. Tsipras wird vorher Vorschläge machen, die daraufhin abgelehnt werden. Es wird daraufhin erneut verhandelt. Es wird unerfüllbare Forderungen auf beiden Seiten geben. Nichts wird passieren. Durch diese effiziente Verzögerungsstrategie normalisiert sich das Leben in Griechenland zumindest einigermaßen. Ein schlauer Schachzug der Regierung Tsipras.

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