Die Griechen – seit jeher das
Volk der besten Strategen. Nicht einmal Friedrich der Große, General Schliefen,
General Ludendorff, General Eisenhower, Marschall Tschuikow oder Marschall
Schukow konnten bislang das strategische Genie der Griechen übertreffen.
Das Trojanische Pferd: Eine griechische
Erfindung. In einem Holzpferd versteckten sich griechische Soldaten, um dann die
Stadt Troja von innen heraus zu überfallen. Dadurch gewannen die antiken
Griechen im zwölften Jahrhundert vor Christus den trojanischen Krieg. Erst
später wurden vergleichbare Panzertarnungen erfunden. So etwa die CSS Hunley
als das weltweit erste Unterseeboot der Südstaatenmarine im US-amerikanischen
Bürgerkrieg. Oder die ersten Panzer der britischen Armee während des Ersten
Weltkriegs.
Oder die Schlacht bei den
Thermophylen: Ebenfalls eine griechische Meisterleistung. In dieser Schlacht
überfielen die zahlenmäßig unterlegenen Griechen die Perser an einer
geographisch günstigen Lage, um sie dann niederzumetzeln und den Perserkrieg 480
vor Christus für sich zu gewinnen. Erst Alexander I. von Russland entwickelte
diese Ideen während der napoleonischen Kriege weiter, indem er sich vor den
anrückenden französischen Truppen immer weiter zurückzog, bis es für die
Franzosen zu ungünstig wurde. Danach schlug er siegreich zu. Stalin und die
Rote Armee taten es Alexander I. gleich, als sie Nazi-Deutschland im Zweiten
Weltkrieg erfolgreich niederrangen.
Auch die schiefe Schlachtordnung
ist ein griechischer Geniestreich. Unübertroffen. Bei der schiefen Schlachtordnung
werden Truppen punktuell verstärkt, um die zahlenmäßig überlegenen Gegner in
einer starren Schlacht aufzureiben. Die Griechen erfanden diese brillante Strategie
während der Schlacht zwischen Sparta und Theben im vierten Jahrhundert vor
Christus. Die Spartaner wurden durch diese Schlachtordnung geradezu niedergemetzelt.
Erst Friedrich der Große entdeckte bei seinen Studien von antiken Texten diese
Strategie neu, um sie bei der Schlacht von Leuthen im Siebenjährigen Krieg gegen
habsburgische, bayrische und württembergische Truppen siegreich anzuwenden. Dabei
waren die Gegner der preußischen Truppen doppelt so zahlreich.
Ja, die Griechen haben geradezu einen
Sinn für effektive Strategien. Doch heute sind deren Konflikte und
Schlachtpläne weitaus weniger martialisch. Sie sind geradewegs friedlich, auch
wenn die aktuelle Berichterstattung über die griechische Schuldenkrise etwas
anderes suggeriert. So wird ein Konflikt regelrecht heraufbeschworen. Etwa vom
freiwilligen Ausscheiden oder vom Rauswurf Griechenlands aus der europäischen
Gemeinschaftswährung.
Grund dafür ist die
Verhandlungshaltung des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Im
Januar 2015 gewannen Tsipras und seine Syriza die griechische Parlamentswahl
mit dem Versprechen, dass endlich Schluss ist mit dem Spardiktat der
sogenannten Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und
Internationalem Währungsfonds. Die Griechen waren die Sparpolitik und die
sozialen Einschnitte mehrheitlich leid. Also wählten sie Tsipras zum neuen
starken Mann Griechenlands und zum griechischen Verhandlungsführer.
Und ganz wertfrei, Tsipras macht
seine Aufgaben bislang hervorragend. Um das zu erkennen, muss man nicht
unbedingt Anhänger der griechischen Regierung sein. Es reicht ein nüchterner
Blick auf die Realität. Dem griechischen Volk droht seit Monaten der Grexit. Um
diesen entgegenzuwirken, bietet die aktuelle griechische Regierung immer neue
Verhandlungen an und verhindert damit sowohl ein Ausscheiden aus dem Euro als
auch Reformen im eigenen Land.
Scheinbar hat Alexis Tsipras die
Diskursanalyse des deutschen Philosophen Jürgen Habermas regelrecht
verinnerlicht. Die Diskursanalyse von Habermas setzt eine demokratische Diskussion
bis zur konsensuellen Einigung voraus. Doch Konsens ist bislang, dass ein
Grexit verhindert werden muss. Davon sind Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande, Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi sowie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker überzeugt. Nur einige
osteuropäische Vertreter tanzen etwas aus der Reihe.
Der Knackpunkt am habermasschen Diskurs
ist allerdings bislang die konsensuelle Einigung. Das heißt, dass eine
übereinstimmende Einigung zwischen allen Vertretern der Euroländer, der EZB,
der EU und des IWF getroffen werden müsste. Das ist natürlich unmachbar. Wenn
sich jedoch ein Teilnehmer dem Diskurs verweigert, so wäre das undemokratisch.
Damit delegitimierte sich dieser Vertreter selbst. Wenn also der Deutsche Bundestag
mehrheitlich weitere Hilfszahlungen an Griechenland ablehnte, setzte er damit
seine bundesdeutschen Vertreter bei den Verhandlungen mit griechischen
Vertretern außerhalb des demokratischen Diskurs‘. Insofern können die
Verhandlungen in der griechischen Schuldenkrise bis ins Unendliche getrieben
werden, ohne dabei einen Grexit zu riskieren oder Reformen in Griechenland
durchzusetzen.
Und sollten irgendwann die Notfall-Liquiditätshilfen
der EZB, sogenannte ELA-Notkredite, aufgebraucht sein und damit griechische
Schuldscheine als Zahlungsmittel eingeführt werden, ist das halt so. Auch wenn
diese Schuldscheine irgendwann inflationsbedingt ihren Wert verlören. Denn dann
gäbe die griechische Regierung einfach mehr Schuldscheine aus.
Ein Kompromiss, der einer
konsensuellen Einigung gleichkäme, wäre ein Aufeinanderzugehen beider
Streitparteien. Dazu müsste Deutschland mehr Geld für die Griechenlandrettung
aufbringen, während die Griechen ihre Forderungen etwas reduzierten.
Und so sind die Griechen auch
weiterhin Meister der Strategie. Es wird niemals auf demokratische Weise zu
einem Grexit kommen. Und solange die Griechen verhandeln, wird es keine
Reformen geben. Selbst wenn am kommenden Mittwoch, dem 15. Juli 2015, Reformvorschläge der Gläubiger durch das griechische Parlament gepeitscht werden sollten. Tsipras wird vorher Vorschläge machen, die daraufhin abgelehnt
werden. Es wird daraufhin erneut verhandelt. Es wird unerfüllbare Forderungen
auf beiden Seiten geben. Nichts wird passieren. Durch diese effiziente Verzögerungsstrategie
normalisiert sich das Leben in Griechenland zumindest einigermaßen. Ein
schlauer Schachzug der Regierung Tsipras.
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