Laut FAZ ist 2015 das Jahr von Cordula Stratmann. Gleich mit zwei Serien steht sie freitags am Start. In der
ARD mit „Die Kuhflüsterin“ im Vorabendprogramm und im ZDF mit „Ellerbeck“ in
der Late Night. Wenn das kein Grund zur Freude ist…
Schließlich brillierte Stratmann
in der Improvisationsunterhaltungsserie „Schillerstraße“ und erlangte damit
bundesweite Berühmtheit. In „Schillerstraße“ war Stratmann spontan,
schlagfertig und urkomisch. Doch zwischenzeitig wurde sie schwanger, gebar ein
Kind, nahm Mutterschutz sowie Kreativpause und stieg bei „Schillerstraße“ aus.
Sie konnte es sich erlauben, und es sei ihr auch absolut gegönnt.
2010 kehrte sie mit „Wir müssen
reden!“ zurück. Diese Sendung floppte, ganz unergründlich. Und nun also der
Doppelschlag mit „Die Kuhflüsterin“ und „Ellerbeck“. Zumindest tun ARD und ZDF
etwas, um ihren Star zu hypen. Und das ist das Einzige, was wirklich richtig
zündet.
Zuerst „Die Kuhlüsterin“: In dieser ARD-Vorabendserie spielt Stratmann die Tierheilpraktikerin Bellinda
Mommsen, eine alleinerziehende Mutter und Öko-Tante aus dem fiktiven Ort
Oberbreitbach irgendwo im südlichen Rheinland. Dort behandelt sie treffsicher
Tiere und sehr oft auch Menschen. Letzteres sorgt für regelmäßigen Ärger mit
der zuständigen Ordnungsdezernentin Edith Merkes. Aber egal, das Leben hat ja
noch mehr zu bieten. So etwa den ansehnlichen Polizisten Winfried „Winnes“
Wöllner vom BKA, der früher Personenschützer war und danach strafversetzt
wurde. Und zwar nach Oberbreitbach, wo er sogenanntes Home Office macht. Wie
das effektiv funktionieren soll, bleibt in der Serie offen. So ist Wöllner vielmehr
ständig damit befasst, zu trainieren, sein Haus einzuräumen, etwas zu
reparieren und in der Kneipe zu sitzen. Doch tatsächliche Polizeiarbeit sieht
man ihn nie verrichten. Scheinbar ist das die tatsächliche Arbeit beim BKA. So
zumindest wird es in der Serie vermittelt. Jedenfalls verbindet Wöllner und
Mommsen eine Hassliebe, schließlich hat Wöllner einen Drittel des Stalls von
Mommsen einverleibt. Denn der Stall steht zu diesem gewissen Anteil auf seinem
Grund und Boden. Somit hat Mommsens Kuh namens „Mutti“ keine trockene, warme
Unterkunft mehr und muss draußen stehen. Dass das Rindvieh von Mommsen „Mutti“
heißt, ist aber auch der einzige Lacher in der ganzen Sendung. Zumindest
bislang.
Denn bisher liefen nur sechs der
insgesamt acht Folgen und man fragt sich, was noch kommen wird. Zwar haben die
Charaktere ein Mindestmaß an Tiefgang, zumindest für eine ARD-Vorabendserie.
Doch das allein hilft auch nicht weiter, wenn der Sinn der Sendung ausgespart
bleibt. Wird also Bellinda Mommsen ihren Winnes Wöllner kriegen? Man weiß es
nicht. Auf alle Fälle wird es nicht allzu viele Lacher geben, denn dazu waren
die bisherigen Folgen viel zu lahm. Doch es bleibt ja noch Freitag, der 24.
Juli 2015. Denn dann werden die letzten beiden Folgen ausgestrahlt.
Und nun „Ellerbeck“: Obwohl die
Serie beim ZDF noch nicht wirklich an den Start ging, gibt es bereits alle Folgen in der Mediathek. Somit muss man nicht bis Freitag, den 24. Juli 2015,
warten. Diese Serie weißt gewisse Parallelen zu Stratmanns ARD-Serie auf.
Wieder einmal ist Stratmann Öko. Sie spielt die Kindergärtnerin Sabine Ebert
und engagiert sich als Aktivistin einer Öko-Bürgerinitiative im fiktiven Ort Ellerbeck
im Emsland. Zwar gab es irgendwann einmal einen Ort namens Ellerbeck, doch der
lag im Osnabrücker Land und wurde eingemeindet. Na ja…
Jedenfalls wird sie durch Zufall
Bürgermeisterin ihres Ortes. Weil die Mitbürger keinen Schweinemastbetrieb in
ihrer Kleinstadt haben wollten, weil ihre Freundin schwanger wurde, und weil
sie vor versammelter Mannschaft ein Kinderlied mit dem kleinen Quintus sang.
Der arme, kleine Quintus weinte nämlich auf einer Versammlung, weil die gute
Ebert ihre bisherige Tätigkeit für das Bürgermeisteramt aufgeben wollte.
Dadurch gewann Ebert mit einem hauchdünnen Vorsprung die Wahl und wurde
entgegen aller Erwartungen sowie Bekräftigungen Bürgermeisterin. Wo gibt es das
sonst als in Ellerbeck?
Fortan musste sich Ebert mit dem
Baustopp des Schweinemastbetriebs herumschlagen, ihr Privatleben besser
organisieren und sich Angriffen ihres verhassten Vorgängers erwehren. Alles
meisterte sie gut, obwohl „Politik ein dreckiges Geschäft ist“. War Ebert
anfangs noch unbeholfen, wuchs sie immer mehr und wurde letzten Endes Cordula
Stratmann, wie sie immer ist. Wow, was für eine Wandlung.
Die Serie ist eine misslungene
Mischung aus „Stromberg“, „Neues aus Büttenwarder“ und der dänischen Serie
„Borgen“. „Stromberg“, weil die Serie wie ein fiktives Porträt mit manchmal
irrsinnigen Statements gehalten ist. „Neues aus Büttenwarder“, weil es in
Norddeutschland der dummen Leute spielt. Und „Borgen“, weil es um Macht geht.
Allerdings wachsen die Charaktere nicht mit der Macht. Sie werden dadurch auch
nicht korrumpiert, wie es so üblich ist. Sie bleiben einfach die guten Ökos,
die sie immer waren. Immer gegen Massentierhaltung, Spießertum und
Konservativismus. Dagegen sind sie scheinbar irgendwie für ökologische
Tierhaltung, Umweltschutz, Tierschutz, Kinderbetreuung und einen frischen Wind.
Sie hegen auch irgendwie Sympathien für Griechenland, dem europäischen
Traumziel aller Hippies. Und so hat eine Nebendarstellerin eine Liebschaft mit
einem griechischen Jüngling, der aussieht wie Dschochar Zanajew, den Attentäter
auf den Boston-Marathon. Das ist alles.
Allerdings offenbart diese Serie die
negativen Knackpunkte der hiesigen Grünenbewegung. Sie gerieren sich als links,
doch verändern wollen sie nichts. Sie versprechen alles und stehen vor
Problemen. Alle trinken lieber Wein als ein gepflegtes Bier. Sie bekämpfen
Schweinemast, um anschließend den großen Gyrosteller zu bestellen. Sie
verteufeln Luxushotels, um klammheimlich das Wellness-Programm zu genießen. Sie
sind für Windkraft, solange der nicht vor der eigenen Haustür produziert wird.
Sie verteufeln den Konservativismus, um sich dennoch mit Wirtschaftsberatern
von McKinsey zu verbünden. Und dann sind sie gegen Migranten, wenn diese ihnen
den Arbeitsplatz wegnehmen. Doch am Ende ist ja immer alles gut und war alles
richtig.
Doch in „Ellerbeck“ erkennt man
nicht nur Elemente aus „Stromberg“, „Neues aus Büttenwarder“ und „Borgen“
wieder. Ein bisschen erinnert „Ellerbeck“ auch an die US-Serie „30 Rock“. Der
Öko-Lehrer, der sich so ungern wäscht und trotzdem öko fühlt, erinnert rein
äußerlich an Frank Rossitano. Allerdings ähneln sich Rossitano und der Ehemann von
Ebert charakterlich eher. Der Vorgänger im Bürgermeisteramt weist irgendwie Ähnlichkeiten
zu Jack Donaghy auf, obwohl er keine Freundschaft zu Ebert pflegt. Die
Wirtschaftsberaterin wirkt irgendwie Jenna Maroney. Und überhaupt scheint
Ebert, Liz Lemon, gespielt von Tina Fey, nachempfunden zu sein.
Und so sehr es vielleicht auch
Ähnlichkeiten gibt, so sehr unterscheiden sich auch beide Serien. Zwar sind
Stratmann und Fey verdammt lustig, wenn es darauf ankommt. Doch „30 Rock“ ist
unterhaltsamer und schneller. Dagegen fragt man sich bei „Ellerbeck“, wie lange
die Folge noch geht, und wundert sich, dass erst fünf Minuten vergangen sind. „Ellerbeck“
entführt in eine Welt, in der schon alles gesagt worden und alles klar ist. Das
macht es so langweilig. Durch ein festes Drehbuch ist Stratmann festgelegt. Es
fehlt die Spontanität. Und so ist es nicht sehr unterhaltsam, als Ebert und
Klaus ihre Rolle als Schützenkönigspaar üben und parodieren. Es ist allzu
vorhersehbar. Dagegen wirkt „30 Rock“ immer wieder spontan, auch wenn man sich
die Folgen immer wieder neu ansieht. So etwa, als Liz Lemon ihren Freund und
Chef Jack Donaghy aus der Klemme hilft, indem sie auf die Bühne eilt und
schlechte Witze erzählt, um dann die Bluse zu öffnen. Urkomisch. „30 Rock“ ist
wohl das Maß der zeitgenössischen TV-Unterhaltung. Doch nicht jedem deutschen
Versuch gelingt es, eine entsprechende Serie nachzuempfinden. „Ellerbeck“ ist
zwar etwas humorvoller als „Die Kuhflüsterin“, aber stinkend langweilig.
Trotzdem ähneln sich beide
Komikerinnen sehr. Ihre Fernsehkarriere begann spät, und sie sind keine
Schauspielerin. Und das ist dann auch vielleicht der Grund, weshalb es bei „Die
Kuhflüsterin“ nicht zum Kuss zwischen Mommsen und ihrem Polizisten kommen wird.
Aber egal, eine Fortsetzung von „Die Kuhflüsterin“ oder „Ellerbeck“ wird es
hoffentlich eh nicht geben.
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