Immer, wenn in der Welt etwas Weltbewegendes
passiert, was scheinbar in 15 Minuten Tagesschau nicht ausreichend gewürdigt
werden konnte, gibt es am gleichen Tag um 20.15, direkt nach der Tagesschau,
einen ARD-Brennpunkt. Bis Dienstag, den 07. Juli 2015, gab es allein schon in diesem Jahr 22 Brennpunkte. Darunter so weltbewegende Sendungen wie „Blatter tritt ab“ über den FIFA-Korruptionsskandal. In Mexiko sterben tagtäglich
Menschen durch Bandenkriminalität, in Afrika verhungern Menschen, und
Deutschland soll durch Fußball empört werden.
Im Jahr 2014 gab es 28 Brennpunkte.
2013 waren es 55, im Jahr 2012 lediglich zwölf, 2011 nur 18 und 2010 ganze zwei
Brennpunkte. Darunter waren irrelevante Brennpunkte wie „Die Lügen des Limburger Bischofs“ über Franz-Peter Tebartz-van Elst und „Tornado in Oklahoma“
über einen Tornado in Oklahoma. Viele poetisch wohlklingende Titel in
Anbetracht weltweiter Krisen. Insofern wirken die Namen jeder einzelnen Brennpunkt-Sendung
wie ein Groschenroman. Es fehlte nur noch „Samurai, ich bin Dein Nackedei!“ mit
Tracy Jordan, um der Sinnhaftigkeit des ARD-Brennpunkts Endgültigkeit zu
verleihen.
Natürlich ist unbestritten, dass
es wichtige Themen gibt, die unbedingt tiefergehend beleuchtet werden müssen.
Dazu zählen unter anderem die Griechenlandkrise, die Ostukraine, die Krimkrise
und der NSU-Terror. Allerdings legt die ARD mit manchen Brennpunkten die Leere in
Ihrem Programm offen und suggeriert damit eine Zunahme an weltweiten Krisen,
von der man seit 2014 gern spricht.
Allerdings haben nicht unbedingt
die Krisen in der Welt zugenommen. Seit langem gibt es den fundamentalistischen
Terror durch muslimische Wirrköpfe. Seit Ewigkeiten gibt es Wirbelstürme,
Fluten und andere Naturkatastrophen. Seit der Erfindung des Flugzeugs durch die
Brüder Wright stürzen Flugzeuge ab. Und den Krieg haben auch nicht die Russen
erfunden. Trotzdem gibt es zu solchen Themen regelmäßig einen Brennpunkt.
Scheinbar gibt es sensationslüsternerweise
einen Bedarf am Spektakel, dem die ARD liebend gern nachkommt. Die Versorgung
mit Nachrichten und Informationen ist schließlich auch der
öffentlich-rechtliche Auftrag der ARD und ihrer Regionalprogramme. Jedoch sorgt
die ARD mit ihren allzu regelmäßigen Brennpunkten für eine Inflation der
Krisen. Damit wird sie eventuellen Opfern nicht gerecht. Ein
FIFA-Korruptionsskandal ist nämlich nicht gleichbedeutend mit griechischen,
ukrainischen, russischen oder anderen Opfern.
Im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt
ist jedoch ein Anstieg an Brennpunkten erkennbar. Und es ist nicht
auszuschließen, dass es bis Ende des Jahres 2015 noch weitere Brennpunkt-Sendungen
geben wird. Irgendwann ist es dann so weit, dass es wöchentlich mindestens
einen Brennpunkt nach der Hauptausgabe der Tagesschau geben wird. Warum
verlängert die ARD stattdessen nicht die Sendedauer der Tagesschau, um
relevante Themen tiefergehend zu analysieren. Ob nun am Dienstag „Um Himmels
Willen“ mit Fritz Wepper, die neue Quiz-Show mit Jörg Pilawa am Donnerstag oder
das Musikantenstadl am Samstag um 20.30 beginnt, ist doch im Vergleich zu
tatsächlichen Krisen vollkommen egal.
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