Letztens gab es Grund zu feiern.
Radio MV, der rechtlich-öffentliche Sender des Norddeutschen Rundfunks in
Mecklenburg-Vorpommern, feierte sich selbst als unangefochtenen Spitzensender. Grund
war die Ermittlung der Einschaltquoten, aus denen hervorging, wie toll Radio MV
ist.
Und so beschreibt NDR 1 Radio
sein tolles Ergebnis selbst: „NDR 1 Radio MV sagte Danke. Täglich hören 486.000 Hörerinnen und Hörer das Programm, damit bleibt NDR 1 Radio MV das beliebteste aller NDR Hörfunkprogramme.“ Aber alle 486.000 Zuhörer zur gleichen Zeit oder
über den Tag verteilt? Vielleicht auch im ganzen Jahr? Insofern wäre das
Ergebnis nicht ganz so toll.
Bei einer Sendung wie die „Marko
Vogt Show“ ist das nur schwer vorstellbar. Dazu genügt ein einmaliges
Einschalten. Danach ist man für den Rest seines Lebens bedient. So etwa Karsamstag
2015. In dieser Sendung kalauerte Vogt, dass er zu Ostern alle mit seiner
Anwesenheit beschere, und was er dafür bekomme. Die Arbeit seiner Assistentin
machte er ständig zunichte, obwohl sie um Seriosität bemüht war. Anschließend
fragte Vogt das Publikum nach den besten Osterverstecken. In solchen Momenten
ist die Versuchung groß, bei Radio MV anzurufen und zu antworten: „Ich
verstecke meine Faust gleich mit großer Geschwindigkeit in Deiner Fresse!“ Doch
die Zuhörer von Radio MV waren sehr besonnen und verpackten ihre Kritik auf verhaltene
Weise. Somit sind die vermeintlichen hohen Einschaltquoten eher verwunderlich.
Bei einer genaueren Überprüfung der
Quoten kam jedenfalls heraus, dass die Lobhudelei in eigener Sache doch nicht
ganz so angebracht ist. So heißt es in einem späteren Artikel des NDR: „NDR 1 Radio MV bleibt das beliebteste aller NDR Hörfunkprogramme und kommt im Land auf einen Marktanteil von 26,1 Prozent. Die Tagesreichweite liegt bei 29,0 Prozent. 486.000 Hörerinnen und Hörer insgesamt schalten NDR 1 Radio MV jeden Tag ein. In Mecklenburg-Vorpommern erreicht NDR 2 einen Marktanteil von 9,0 Prozent, die Tagesreichweite steigt auf 13,0 Prozent, der beste Wert seit 1993. N-JOY, das junge Programm des NDR, kann bei der Tagesreichweite deutlich von 9,8 auf 11,9 Prozent zulegen. Der Marktanteil steigt auf 4,7 Prozent. Alle NDR Programme zusammen erreichen in Mecklenburg-Vorpommern eine Tagesreichweite von49,7 Prozent.“
Also ist das Ergebnis nicht ganz
so toll. Schließlich leben in Mecklenburg-Vorpommern rund 1,6 Millionen Menschen. Den ganzen Tag gibt es rund 1,1 Millionen Menschen in
Mecklenburg-Vorpommern, die nicht Radio MV hören. Und wie viele Zuhörer
schaffen die Konkurrenzprogramme der Privatsender? Ist also die Beschreibung
als beliebt doch nur übertrieben?
Um die Sache richtig aufzuklären,
muss man festhalten, dass die Quotenermittlung in Deutschland grober Unfug ist.
Über den Quotenmesser zu Ermittlung der TV-Einschaltquoten wurde in den Medienbereits zahlreich berichtet. Auch wenig sinnvoll ist die Unterteilung in
werberelevante Zielgruppen zwischen 15 und 49 Jahren. Denn das sind die
Personengruppen in Deutschland, die eher weniger Geld haben. Als Schüler, Bufti,
Azubi oder Student hat man nicht viel. Danach kommt der Berufseinstieg mit
Familie. Und dann ist diese Altersgruppe relevant für Mercedes? Wohl kaum! Erst
ab 49 Jahren macht ein Mercedes Sinn, weil dann die Kinder mehr oder weniger
aus dem Haus sind und die Midlife-Crisis beginnen.
Beim Radio laufen die Dinge noch etwas
anders. Zur Ermittlung der Einschaltquoten beim Radio gibt es die „MA Radio“,
also die Media-Analyse Radio. Dazu ruft die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse
e.V. wahllos bei den Bürgern an. Das geht natürlich nicht auf der Arbeit, also
erfolgen die Anrufe zuhause. Und wer geht da tagsüber ans Telefon? Die Antwort
ist ziemlich einfach: Rentner mit größter Wahrscheinlichkeit, gefolgt von
Arbeitslosen, krankgeschriebenen Menschen und anderen, die man in der Statistik
eher vernachlässigen kann.
Im Fall von Radio MV ist das
alles zu vernachlässigen. Das Durchschnittsalter in Mecklenburg-Vorpommern
liegt ja eh jenseits der Schallgrenze. Es beträgt 45 Jahre. Insofern ist es
durchaus möglich, das Radio MV das beliebteste Radioprogramm im Land ist.
Verwunderlich wäre es nicht. Also ein Hoch auf Radio MV!
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