Grexit? Seit Samstag vergangener Woche schwirrt dieses Fremdwort in den deutschen Medien, nachdem der SPIEGEL
berichtete, dass ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro denkbar ist. „Grexit“
ist eine Wortzusammensetzung und steht für den griechischen Austritt aus dem
Euro. Bundeskanzler Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sehen darin keine Gefahr mehr. Jedoch fürchten sie scheinbar zwei andere
Probleme.
Wurde im Jahr 2010 die Hilfe für
Griechenland von Angela Merkel noch als alternativlos abgekanzelt, ist es heute
nicht mehr so. Aus der Alternativlosigkeit der merkel’schen Politik erwuchs
nämlich die rechtspopulistische Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD),
einer Partei mit genauso geringen Alternativen wie Merkels politischen
Überzeugungen. Jedoch gewinnt die AfD in der deutschen Bevölkerung immer mehr an
Zustimmung, weswegen nun auf einmal ein Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone
denkbar ist.
Der zweite Grund für das Umdenken
ist der zu befürchtende Erfolg der griechischen Linkspartei SYRIZA bei den Parlamentswahlen am 25. Januar 2015. Zwar spricht sich Parteivorsitzender und Spitzenkandidat Alexis Tsipras für den Verbleib in der Eurozone aus, allerdings zu neuen
Bedingungen. Das schmeckt der bürgerlichen Politikerin Merkel überhaupt nicht,
wenn ein griechischer Bittsteller an Alternativen denkt. So alternativlos kann
Merkels Politik also nun doch nicht sein.
Doch ist der Euro tatsächlich so
sicher, wie es Unionsspitzenpolitiker behaupten? Angeblich gäbe es nun eine
europäische Bankenunion und die Krisenländer wie Portugal und Irland seien auf
einem guten Weg. So etwa der Europaabgeordnete Elmar Brok (CDU).
Allerdings schätzt selbst der Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung Hans-Werner Sinn die europäischen Stresstests für Banken gering. Damit unterliegen die europäischen
Banken eher dem verordneten politischen Willen zur Schönrednerei als der
tatsächlichen Krisenfestigkeit. Trotzdem beinhaltet das noch längst nicht das
Primat der Politik über die Wirtschaft, denn im Ernstfall müssten erneut die
Steuerzahler für bedrohte europäische Banken einspringen.
Und der Verweis auf den guten
Weg, den Portugal und Irland eingeschlagen haben, ist ebenfalls ein
Trugschluss. Die Arbeitslosigkeit ist sowohl in Portugal als auch in Irland noch verdammt hoch. Die angestrebte Liberalisierung des portugiesischen und
irischen Arbeitsmarkts führt auch nur zu einer Ausweitung des Niedriglohnsektors
in diesen Ländern und trifft letztendlich die dortige Gesellschaften, aber auch
uns. Denn dann können deutsche Firmen nicht mehr so einfach ihre durch
Dumpinglöhne verbilligten Produkte ins europäische Ausland exportieren.
Doch was wäre, wenn Griechenland
tatsächlich den Euro verließ? Es bekäme die Drachme zurück, vermutlich. Diese
würde stark entwertet. Das beinhaltete soziale Einschnitte für die griechische
Bevölkerung. Damit wäre Griechenland ein Krisenherd in der Europäischen Union.
Gleichzeitig stünde die Bundesrepublik Deutschland für die Verbindlichkeiten
der bisherigen Rettungspakete gerade. Das wären hohe Summen. Deutschland
schnitt sich mit einem rechtswidrigen Rauswurf selbst ins eigene Fleisch.
Und was bewirkten ein Wahlsieg
von SYRIZA und ein Ministerpräsident Tsipras? Sicher würden sich
euroskeptische, -kritische und rechtsextreme Gruppierungen bestätigt fühlen.
Aber der Sieg SYRIZAs könnte ebenfalls zu einer weiteren europäischen Integration
führen. Schließlich lebt man in Deutschland auch von verschiedenen politischen
Strömungen auf den unteren Ebenen. Da gibt es das dauerhaft sozialdemokratische
Bremen und das ewig CSU-schwarze Bayern, trotzdem fühlt sich jeder Bundesbürger
als Deutscher. Mit den neuen griechischen Verhältnissen würde auch der
politische Diskurs in Europa belebt. Eine politische Diversifizierung in Europa
birgt also eine europäische Chance in sich. Dieser Fall ist doch sehr
wünschenswert.
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