Dienstag, 6. Januar 2015

Der Grexit, Griechenland, der Euro und die Bundesrepublik



Grexit? Seit Samstag vergangener Woche schwirrt dieses Fremdwort in den deutschen Medien, nachdem der SPIEGEL berichtete, dass ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro denkbar ist. „Grexit“ ist eine Wortzusammensetzung und steht für den griechischen Austritt aus dem Euro. Bundeskanzler Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sehen darin keine Gefahr mehr. Jedoch fürchten sie scheinbar zwei andere Probleme.

Wurde im Jahr 2010 die Hilfe für Griechenland von Angela Merkel noch als alternativlos abgekanzelt, ist es heute nicht mehr so. Aus der Alternativlosigkeit der merkel’schen Politik erwuchs nämlich die rechtspopulistische Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD), einer Partei mit genauso geringen Alternativen wie Merkels politischen Überzeugungen. Jedoch gewinnt die AfD in der deutschen Bevölkerung immer mehr an Zustimmung, weswegen nun auf einmal ein Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone denkbar ist.

Der zweite Grund für das Umdenken ist der zu befürchtende Erfolg der griechischen Linkspartei SYRIZA bei den Parlamentswahlen am 25. Januar 2015. Zwar spricht sich Parteivorsitzender und Spitzenkandidat Alexis Tsipras für den Verbleib in der Eurozone aus, allerdings zu neuen Bedingungen. Das schmeckt der bürgerlichen Politikerin Merkel überhaupt nicht, wenn ein griechischer Bittsteller an Alternativen denkt. So alternativlos kann Merkels Politik also nun doch nicht sein.

Doch ist der Euro tatsächlich so sicher, wie es Unionsspitzenpolitiker behaupten? Angeblich gäbe es nun eine europäische Bankenunion und die Krisenländer wie Portugal und Irland seien auf einem guten Weg. So etwa der Europaabgeordnete Elmar Brok (CDU).

Allerdings schätzt selbst der Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung Hans-Werner Sinn die europäischen Stresstests für Banken gering. Damit unterliegen die europäischen Banken eher dem verordneten politischen Willen zur Schönrednerei als der tatsächlichen Krisenfestigkeit. Trotzdem beinhaltet das noch längst nicht das Primat der Politik über die Wirtschaft, denn im Ernstfall müssten erneut die Steuerzahler für bedrohte europäische Banken einspringen.

Und der Verweis auf den guten Weg, den Portugal und Irland eingeschlagen haben, ist ebenfalls ein Trugschluss. Die Arbeitslosigkeit ist sowohl in Portugal als auch in Irland noch verdammt hoch. Die angestrebte Liberalisierung des portugiesischen und irischen Arbeitsmarkts führt auch nur zu einer Ausweitung des Niedriglohnsektors in diesen Ländern und trifft letztendlich die dortige Gesellschaften, aber auch uns. Denn dann können deutsche Firmen nicht mehr so einfach ihre durch Dumpinglöhne verbilligten Produkte ins europäische Ausland exportieren.

Doch was wäre, wenn Griechenland tatsächlich den Euro verließ? Es bekäme die Drachme zurück, vermutlich. Diese würde stark entwertet. Das beinhaltete soziale Einschnitte für die griechische Bevölkerung. Damit wäre Griechenland ein Krisenherd in der Europäischen Union. Gleichzeitig stünde die Bundesrepublik Deutschland für die Verbindlichkeiten der bisherigen Rettungspakete gerade. Das wären hohe Summen. Deutschland schnitt sich mit einem rechtswidrigen Rauswurf selbst ins eigene Fleisch.

Und was bewirkten ein Wahlsieg von SYRIZA und ein Ministerpräsident Tsipras? Sicher würden sich euroskeptische, -kritische und rechtsextreme Gruppierungen bestätigt fühlen. Aber der Sieg SYRIZAs könnte ebenfalls zu einer weiteren europäischen Integration führen. Schließlich lebt man in Deutschland auch von verschiedenen politischen Strömungen auf den unteren Ebenen. Da gibt es das dauerhaft sozialdemokratische Bremen und das ewig CSU-schwarze Bayern, trotzdem fühlt sich jeder Bundesbürger als Deutscher. Mit den neuen griechischen Verhältnissen würde auch der politische Diskurs in Europa belebt. Eine politische Diversifizierung in Europa birgt also eine europäische Chance in sich. Dieser Fall ist doch sehr wünschenswert.

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