Über die Weihnachtsfeiertage war
ich ja in Mecklenburg-Vorpommern. Aus Nordrhein-Westfalen fuhr ich durch
Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein, bis ich an meinem Ziel
angelangt bin. Die Reise ist immer wieder aufs Neue interessant. Verlässt oder
fährt man in Nordrhein-Westfalen ein, steht auf einer Tafel einzig und allein
der Name des Landes mit dem Wappen. Genauso in Niedersachsen. Wenn ich mich
nicht täusche, ist das auch in Bremen und Hamburg der Fall. Das Ganze ist ganz
schnörkellos und ohne jedwede Aussageabsicht. Eigentlich schade. Mit einem
Ausrufezeichen wäre das Schild ungemein aufgepeppt: „Niedersachsen!“ Das hat
etwas. Aber egal, es geht ja immer auch noch schlimmer. Siehe
Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.
In Schleswig-Holstein wird man
mit einer Tafel begrüßt, auf der „Der echte Norden“ steht. Die Erfinder der
Kampagne verfügen scheinbar über geringe Geographiekenntnisse. Zwar ragt
Schleswig-Holstein aus Norddeutschland heraus wie ein ausgefahrener Mittelfinger
oder ein erigierter Penis, doch ist Schleswig-Holstein damit nicht wirklich der
echte Norden. Schließlich zieht Mecklenburg immer weiter nördlich, je östlicher
man kommt. So liegt das Kap Arkona auf gleicher Höhe wie der nördlichste Punkt
des Flusses Treene. Damit ist Kap Arkona nur wenige Meter südlicher als
Flensburg, der nördlichsten Stadt Deutschlands. Deshalb ist Schleswig-Holstein eindeutig
nicht der echte Norden, zumindest nicht allein.
Doch weitaus schlechter ist der
Wahlspruch von Mecklenburg-Vorpommern. Nachdem im März 2014 der Spruch „MV tut
gut“ in die Kritik geriet, gibt es nun einen neuen Slogan. Und zwar: „Land zum Leben“. Daran stoßen sich viele Leute, denn das Leben in Mecklenburg-Vorpommern
beinhaltet damit nicht zwangsläufig Arbeit. Das kommt davon, wenn eine
PR-Agentur ohne Bezug zu Mecklenburg-Vorpommern die Verantwortung dafür trägt.
Die verantwortliche Agentur A&B One ist in Berlin angesiedelt und war schon
bei „MV tut gut“ dabei.
Was jedoch bedeutet Leben?
Münsters ehemalige Volkskunde-Professorin Ruth-E. Mohrmann mokierte sich einmal
über den Werbeslogan „Wohnst Du noch, oder lebst Du schon?“ von IKEA. Denn
Leben ist eigentlich eine niedrigere Tätigkeit als Wohnen. Schließlich leben
Obdachlose auch, ohne dass sie wohnen, leider. Und wenn laut A&B One in
Mecklenburg-Vorpommern allein das Leben und nicht das Wohnen oder das Arbeiten
zählt, so ist das eine schlechte Imagekampagne. Zwar ist es geradezu himmlisch,
wenn man nicht arbeiten muss. Es wirkt wie der Einzug in den himmlischen Garten
Eden als das endgültige Fernziel eines Christen. Doch solche Gedanken muten deshalb
allzu idealistisch an. Vielmehr erfolgt dagegen die Menschwerdung durch
Produktion von Gütern und durch Handel damit. Mit dem neuen Wahlspruch degradiert
A&B One die Mecklenburger und Pommern zu obdachlosen Untermenschen.
Viel schöner wirkt dagegen der
Werbespruch von Baden-Württemberg. „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ Das
zeugt von Selbstbewusstsein im Umgang mit seinen Stärken sowie Schwächen und
beinhaltet außerdem auch Selbstironie.
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