Samstag, 6. Dezember 2014

Das Rütteln am bundesrepublikanischen Selbstverständnis



Am gestrigen Freitag, dem 05. Dezember 2014, ging die Meldung von der Wahl Bodo Ramelows zum bundesweit ersten Ministerpräsidenten der Linkspartei durch alle Medien. Sogar einen ARD-Brennpunkt gab anlässlich seiner Wahl. Ein eigentlich demokratisches Selbstverständnis sollte diese Wahl darstellen, wenn sich die gewählten Parteien mehrheitlich auf einen Ministerpräsidenten einigen. Doch dem schien nicht so. Im ersten Wahlgang scheiterte Ramelow noch an der einen Stimme, die die Regierungsmehrheit ausmacht. Doch im zweiten Wahlgang lief alles glatt. Ramelow deutete dies im Brennpunkt als Warnsignal, das er verstanden habe.

Doch um die Wahl Ramelows wurde noch mehr Wind gemacht. Ein Ministerpräsident der SED-Nachfolgepartei! Die SED steht noch in der heutigen Bevölkerung für Diktatur. Doch Ramelow hat als niedersächsischer Gewerkschafter der damaligen HBV (heute die Fachbereiche 1 und 12 der Ver.di) nichts mit der DDR-Vergangenheit der Linkspartei gemein. Auch viele andere junge Abgeordnete der Linken nicht. Trotzdem bedurfte es eines Brennpunktes, den es nach der Wahl Winfried Kretschmanns zum Ministerpräsidenten Baden-Württembergs am 12. Mai 2011 nicht gab. Scheinbar rüttelt die Wahl Ramelows am politischen Selbstverständnis der Bundesrepublik. Schließlich wurden jahrzehntelang lediglich Ministerpräsidenten von der SPD und den Unionsparteien gestellt. Die Grünen sind bereits vor der Wahl Kretschmanns als bürgerliche Kraft längst in der Mitte angelangt, von denen droht kein Ungemach! Doch die Linke – sei sie noch so pragmatisch wie in Thüringen – ist für das bürgerliche Selbstverständnis der Bundesrepublik ein rotes Tuch. Dabei steht mit Bodo Ramelow als Ministerpräsidenten nicht die Revolution ins Haus.

Und so ist es schade, dass die Medien und die Bevölkerung in unserem Land nicht über den politischen Horizont der unionssolzialdemokratischen Vorherrschaft hinausschauen können und Demokratie als selbstverständlich ansehen. Wie wäre es bei Ramelows zweiter Legislaturperiode oder der Wahl eines weiteren Ministerpräsidenten der Linken in einem anderen Land, wenn der ARD-Brennpunkt dann im Fernsehprogramm bereits vorher angekündigt wird? Die Wahl der Ministerpräsidenten ist stets vorher bekannt, so dass sich die ARD darauf eigentlich einstellen könnte.

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