Früher war Hartmut Mehdorn
Bahnchef. Das war damals eine Wortneuschöpfung, die eigens für ihn erfunden
wurde. Lange stand er unangefochten an der Spitze. Die jeweiligen
Bundesverkehrsminister als seine direkten Vorgesetzten konnten ihn ganz gern
einmal. Wenn es Probleme mit den Ministern gab, ging Mehdorn gern eine Etage
höher. So soll Mehdorn Bundeskanzler Schröder, mit dem ihm eine Duzfreundschaft verband, oder seine Nachfolgerin Merkel öfter einmal vor die Wahl gestellt
haben: „Der oder ich!“ Und so entschieden sich die Regierungschefs stets für
Mehdorn, dem Macher, dem Mann aus der Wirtschaft. Viele Minister hat Mehdorn da
kommen und gehen sehen. Reinhard Klimmt, Kurt Bodewig, Manfred Stolpe und
Wolfgang Tiefensee (alle SPD). Und viele Probleme hat Mehdorn als Bahnchef in
die Welt gesetzt: Ständig steigende Fahrpreise, der erste große Lokführerstreik,
Probleme beim ICE 3 sowie ICE T und ein Datenaffäre. Am Ende häuften sich die
Skandale, weswegen man Mehdorn ganz einfach loswurde.
Seinem weiteren beruflichen
Werdegang tat das keinen Abbruch. Nach einer kurzen Pause wurde Mehdorn im
Alter von mittlerweile 69 Jahren Vorstandsvorsitzender von Air Berlin. Auch
dieses Mal gab es eine neue Titelbezeichnung für ihn: Air-Berlin-Chef. Die Luftfahrt sei angeblich seine Lieblingsbranche, erklärte er bei der Amtsübernahme.
Die erhoffte Sanierung unter Mehdorn gelang nicht wirklich. Seine Bilanzen
wurden damit aufgehübscht, weil Stellen abgebaut und die Anzahl von Flugzeugen gesenkt wurden. Und so wurde Mehdorn früher „gegangen“, als seine Vertragslaufzeit es
eigentlich vorsah.
Doch Mehdorn fiel sanft. Kurze
Zeit später wurde er Geschäftsführer des Hauptstadtflughafens
Berlin-Brandenburg (kurz BER). Und wieder wurde er Chef – BER-Chef. Der damalige brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzek hatte Mehdorn für diesen Posten gewonnen. Scheinbar erhoffte Platzek sich vom Macher endlich
Erfolge beim überdimensionierten und sich ständig verteuernden Pannenflughafen
BER. Doch auch hier verstrickte sich Mehdorn in Skandale. Unter Mehdorn gab es
den Schmiergeldskandal mit Gicon-Inhaber Jochen Großmann, die Inbetriebnahme
des Flughafens verzögerte sich weiter und der Flughafen wurde immer teurer.
Am heutigen Montag, dem 15.
Dezember 2014, ist BER-Chef Mehdorn nun unerwartet zurückgetreten. Wieder
verlässt er eine unfertige Baustelle wie damals bei der Bahn und später bei Air
Berlin. Man fragt sich nun, was Mehdorn zukünftig machen will. Als Löwe, der
sie früher alle weggerissen hatte, wird er sich wohl noch nicht auf seinen
Altersteil begeben. Doch welches Unternehmen will eigentlich einen solch
selbstherrlichen Platzhirsch mit großen Ankündigungen und wenig Erfolgen?
Keiner braucht einen präpotenten – falsch, denn das setzte eine Entwicklung mit
ausstehendem Erfolg voraus, und dafür ist Mehdorn mittlerweile zu alt – nein,
einen postpotenten Chef. Doch so funktioniert die Wirtschaftselite nicht. Denn
das ist eine Kaste, die sich selbst reproduziert. Damit dürfte Mehdorn auch
zukünftig irgendeine Relevanz haben, sofern er sich nicht selbst in den
Ruhestand zurückzieht.
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