Wenn man sehr früh sehr hoch
aufsteigt, hat das seine Nachteile und vielleicht auch seine Berechtigung.
Allerdings schrieb Max Weber nicht umsonst von der Militarisierung der
Zivilgesellschaft, bei der jeder Arbeiter auf der Karriereleiter stets immer
nur eine Stufe aufsteigt. Diese erachtete Weber als wichtig und grundlegend für
die deutsche Industrialisierung. Doch es geht auch ohne solche Passageriten à
la Arnold van Gennep und Victor Turner.
Das belegt der derzeitige
Präsident der Deutschen Bundesbank Jens Weidmann. Am 01. Mai 2011 wurde
Weidmann im Alter von gerade einmal 43 Jahren zum jüngsten Bundesbankpräsidenten der Geschichte ernannt. Seitdem bekleidet er ein Amt, das
bereits glanzvollere Zeiten gesehen hat. Schließlich besitzt die Bundesbank
nicht mehr die gleichen Aufgaben wie vor der Einführung des Euros im Jahr 1999.
Und so versucht sich Weidmann
regelmäßig in Wichtigkeit, indem er die Politik der Europäischen Zentralbank
kritisiert. Allerdings ist Weidmann selbst Mitglied des EZB-Rats und bestimmt
also mit. Und wenn man sich so die Reden und Interviews von Weidmann zu Gemüte führt,
stellt man eindeutiges Lehrbuchwissen fest. Das fällt besonders durch den Gebrauch von Allgemeinplazets sowie passivischen Gebrauch von Verben auf.
Zweifellos ist der Bundesbankpräsident ein belesener Mann. Doch wenn man sich
auf die Analysen und wissenschaftlichen Abhandlungen aus D-Mark-Zeiten bezieht,
mutet das etwas komisch an. Scheinbar er glaubt, allein in der Geschichte der
Bundesbank die Regelungen und Lösungen zu finden. Er verwechselt also die
kapitalistische Marktwirtschaft mit der kapitalistischen Planwirtschaft, wenn
er von der Wirtschaft als starres Konstrukt ausgeht.
Allerdings ist es auch schade,
wenn man immer mehr in seinen Kompetenzen beschnitten wird. War die Bundesbank früher
etwa noch für Leitzinsen und die gesamte Bankenaufsicht zuständig,
verabschiedeten sich diese Zuständigkeiten teilweise oder gänzlich zu den Kollegen der Europäischen Zentralbank.
Und so bleibt Weidmann nur noch
die Gestaltung der deutschen Euro-Münzen. Das mutet nach Aufgaben eines
Frühstücksdirektors an. Da ist es kein Wunder, wenn sich Weidmann immer gern
mit Kritik an der EZB in die Schlagzeilen bringt. Doch dazu sollte er fortan in
der Problemlösung etwas kreativer sein, als es ihm Geschichtsbücher gebieten.
Ständig nur auf die Deflationsgefahr zu verweisen, macht bei den aktuellen
Preissteigerungsraten wenig Sinn. Schließlich leben wir ja in einer
Marktwirtschaft, bei der Einzelhändler genau erkennt, dass seine Kunden durch
höhere Tarifverträge immer mehr verdienen. Und deshalb verlangt der
Einzelhändler an der Kasse auch mehr Geld für das Laib Brot. Also keine Gefahr
der Deflation!
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