Dienstag, 19. August 2014

Die Belanglosigkeit meiner Schulbildung



Viele, viele Jahre liegt meine Schulzeit schon zurück und dennoch denke ich oft daran zurück. Was mir alles so beigebracht wurde! Vieles davon ist echter Müll.

So lernte ich erst in der zwölften Klasse, nach neun Jahren, im Englischunterricht, dass eine Sache, die ebenfalls verneint wird, „either“ anstatt „too“ erfordert. Wenn ich also sagen möchte, dass ich eine Sache ebenfalls nicht getan habe, muss es heißen: „I haven’t done it, either.“ Doch dieser späte Lernerfolg war nicht meiner regelmäßigen Unaufmerksamkeit geschuldet. Schließlich wussten andere Mitschüler es nicht, either.

Trotz der ganzen Unzulänglichkeiten durfte ich studieren. Doch als Historiker möchte ich mich nicht über die fehlerhaften Inhalte des Geschichtsunterrichts auslassen, either. Dass sich der Antikominternpakt von 1936 nicht primär gegen die Sowjetunion ausgerichtet hat, ist höherer Stoff. Das ist absolut kein Revisionismus. Wer mich kennt, weiß, dass ich dezidiert antifaschistisch bin.

Der Antikominternpakt richtete sich in erster Linie gegen westliche Kolonialstaaten wie Großbritannien und Frankreich. Schließlich hatten Italien und Spanien keine territorialen Interessen in Osteuropa und Asien. Das nur als offensichtlichste Tatsache. Dass alle Vertragspartner, also Deutsches Reich, Japan, Italien und Spanien, trotzdem gegen Sozialismus und Kommunismus agierten, ist ihrer Ideologie geschuldet.

In diesem Post geht es mir vielmehr um andere Inhalte. Im Mathematikunterricht nahmen wir in der Mittelstufe den Beweis durch, dass 1+1=2 ist. Toll, nicht? Als ich den Mitschülern sagte, dass der Beweis lediglich auf der Annahme basiert, dass es funktioniert, schauten sie mich verständnislos an. Scheinbar glaubten meine Mitschüler an eine höhere Weihe durch die Erläuterung des Beweises.

Doch stellen Sie sich jetzt bitte einmal eine Uhr vor. Es ist 23.59, in einer Minute ist es gleich Mitternacht. 24.00 oder 00.00? Was ist eine Minute später? Ist es dann 24.01? Nein, das nun absolut nicht. Also solche Spielchen wie 1+1=2 funktionieren nicht zwangsläufig.

Genauso die Behauptung, dass \frac{21n+4}{14n+3} weitestgehend gekürzt ist. n stellt dabei alle natürlichen Zahlen dar. Und wenn man ab 1 aufwärts alle ganzen Zahlen einsetzt, kommt man zumindest bei relativ kleinen Zahlen im Nenner als auch im Zähler auf Primzahlen. Doch was hat die Unendlichkeit für uns zu bieten? Keine weiß es genau! Das kann wohl nur Polymath-8 beweisen.

Gleiches gilt für den Gottesbeweis von Anselm von Canterbury. In der elften Klasse nahm unser Religionslehrer diesen durch. Der Religionslehrer war Mitglied einer Freikirche und deswegen etwas konservativ. (Der Staat und die Kirche sollte sich vor Freikirchlern als Religionslehrern hüten!) Jedenfalls war der Lehrer schnell betrübt, als ich ihm in der ersten Äußerung nach der Lektüre erklärte, dass Canterburys Gottesbeweis bloß auf der Annahme, dass Gott existiert, basiert. Damit war die Luft raus. Mit dem Text konnte er keine neuen Mitglieder rekrutieren.

Tja, was soll also diese ganze fehlerbehaftete Schulbildung? Der Sinn des Religionsunterrichts erschließt sich mir nicht. Anfänglich bis zur sechsten Klasse hatte ich nicht einmal dieses Fach, weil es keinen Lehrer gab. Also gab es Kunst als Ersatzfach. Eben Malen anstelle von etwas geistreicheren Inhalten. Und wieso muss man die Schüler in einem vermeintlich laizistischen Staat wie der Bundesrepublik nach Konfessionen aufteilen? Das fördert doch Vorurteile gegenüber Katholiken, Protestanten, Juden, Muslimen und anderen? Soll Religion nicht das Verständnis für andere Religionen, Nationen, Ethnien und Kulturen fördern? Da kann man doch besser gleich Ethnologie als Schulfach einführen. Das sorgte zumindest für mehr Begeisterung bei den Schülern.

Jedenfalls hat Berlin schon längst nicht mehr das verpflichtende Religionsfach oder dessen Ersatz. In Berlin gibt es stattdessen das Fach Ethik. Das ist doch ein perfektes Fach für’s Abitur. In Nordrhein-Westfalen ist es dagegen noch besser. Dort durfte man früher sein Abitur in solch tollen Fächern wie Sport, Kunst, Pädagogik und Religion bestehen. Und das befähigte einen Schulabsolventen nach 13 Schuljahren dann zum Studium. Eben Fächer für Schüler mit besonderen Fähigkeiten. Gott sei Dank gab es damals noch das G9-Abitur, also das Abitur nach 13 Schuljahren. Da bin ich doch froh, dass ich in einem anderen Land wenigsten die fehlerhaften Inhalte vermittelt bekommen habe.

Jedenfalls konnten auffallend viele meiner späteren Kommilitonen aus NRW ihre eigenen Namen tanzen. Wenn das einen nicht für das spätere Leben qualifiziert, weiß ich auch nicht.

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